Gehaltsatlas 2019: Die Kluft in Deutschland wird kleiner
Im Osten erhalten Beschäftigte rund 23,9 Prozent weniger Gehalt als im Westen Deutschlands – die Lücke ist damit um 1,3 Prozentpunkte niedriger als in 2017. Trotzdem verdeutlichen die Zahlen, dass die Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland immer noch stark auseinander gehen. In welchen Regionen die Löhne am höchsten beziehungsweise am niedrigsten sind, zeigen wir mit unserem alljährlichen Gehaltsatlas. Darin beleuchten wir auf Basis von 492.171 Vergütungsdaten die Einkommen von Fach- und Führungskräften in allen 16 Bundesländern.
In unserem diesjährigen Gehaltsatlas schneidet erneut Hessen am besten ab. Das Lohnniveau liegt hier bei 114,1 Prozent. Das bedeutet, dass die Einkommen in Hessen rund 14 Prozent höher sind als das durchschnittliche Gehaltsniveau der gesamten Bundesrepublik. Das Bundesland konnte damit seinen Vorsprung im Vergleich zum Vorjahr um weitere 1,4 Prozentpunkte ausbauen. Die Ergebnisse aus dem letzten Jahr finden Sie in unserem Gehaltsatlas 2018.
Baden-Württemberg am lukrativsten
Baden-Württemberg erreicht mit 108,6 Prozent den zweiten Rang in der Erhebung, gefolgt von Hamburg mit 105,9 Prozent. Bayern liegt knapp dahinter mit 105,1 Prozent und auch das Lohnniveau in Nordrhein-Westfalen bewegt sich mit 100,8 Prozent knapp über dem Bundesdurchschnitt.
Auf den hinteren Rängen liegen hingegen die Bundesländer Brandenburg (78,93 Prozent), Sachsen-Anhalt (78,88 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (75,9 Prozent). Da hier die Werte unter 100 Prozent betragen, sind die Gehälter in den drei genannten Ländern geringer als der Mittelwert.
Lohnniveau nach Bundesländern
Bundesland | Durchschnitt | Lohnniveau |
Entwicklung zum Vorjahr |
Hessen | 51.345 € | 114,1% | 1,4% |
Baden-Württemberg | 48.870 € | 108,6% | -1,4% |
Hamburg | 47.655 € | 105,9% | -0,2% |
Bayern | 47.295 € | 105,1% | -1,2% |
Nordrhein-Westfalen | 45.360 € | 100,8% | -0,4% |
Rheinland-Pfalz | 44.235 € | 98,3% | 0,04% |
Bremen | 43.110 € | 95,8% | -0,3% |
Saarland | 42.750 € | 95% | -0,1% |
Berlin | 42.525 € | 94,5% | 0,9% |
Niedersachsen | 41.310 € | 91,8% | 0,6% |
Schleswig-Holstein | 39.735 € | 88,3% | 0,5% |
Thüringen | 36.450 € | 81% | 2,9% |
Sachsen | 35.955 € | 79,9% | 3% |
Brandenburg | 35.519 € | 78,9% | 2,7% |
Sachsen-Anhalt | 35.474 € | 78,9% | 3,5% |
Mecklenburg-Vorpommern | 34.155 € | 75,9% | 2,4% |
Stuttgart ist Spitzenreiter bei den Landeshauptstädten
Unter den Landeshauptstädten macht Stuttgart das Rennen. Mit einem Gehaltsniveau von 124,8 Prozent liegt die Hauptstadt von Baden-Württemberg auf dem ersten Platz – dicht gefolgt von München mit 124,4 Prozent. Düsseldorf liegt mit 117,7 Prozent auf dem dritten Platz. Auf den unteren Rängen befinden sich Erfurt (84,4 Prozent), Potsdam (84,2 Prozent) und Schwerin (78,3 Prozent).
Stuttgart bietet sehr attraktive Perspektiven für Fach- und Führungskräfte. Die Stadt ist berühmt für ihre ausgeprägte Luft- und Raumfahrt- sowie Automobilbranche. Philip Bierbach, Geschäftsführer von GEHALT.de
Landeshauptstadt | Durchschnitt | Gehaltsniveau | Entwicklung zum Vorjahr |
Stuttgart | 56.160 € | 124,8% | -2,8% |
München | 55.980 € | 124,4% | -1,7% |
Düsseldorf | 52.965 € | 117,7% | -0,8% |
Wiesbaden | 52.020 € | 115,6% | -1,8% |
Hamburg | 47.655 € | 105,9% | -0,2% |
Mainz | 47.295 € | 105,1% | -1,7% |
Hannover | 46.665 € | 103,7% | -0,3% |
Saarbrücken | 44.910 € | 99,8% | 0% |
Bremen | 43.110 € | 95,8% | -2,5% |
Berlin | 42.525 € | 94,5% | 0,9% |
Kiel | 42.120 € | 93,6% | -0,6% |
Dresden | 38.790 € | 86,2% | 3,1% |
Magdeburg | 38.160 € | 84,8% | 4,1% |
Erfurt | 37.980 € | 84,4% | 4% |
Potsdam | 37.890 € | 84,2% | 3,6% |
Schwerin | 35.235 € | 78,3% | 2,2% |
Hohe Einstiegsgehälter in Hessen
Sowohl für Akademikerinnen und Akademiker als auch für Beschäftigte mit abgeschlossener Ausbildung ist Hessen ein lukrativer Standort. Das Gehalt von Fachkräften nach der Ausbildung ist mit rund 35.100 Euro sogar höher als das von akademischen Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern in Mecklenburg-Vorpommern (circa 35.000 Euro). Hochschulabsolventinnen und -absolventen beziehen in Hessen mit 52.700 Euro ebenfalls das höchste Einkommen im Vergleich.
Bundesland | Gehalt nach der Uni | Gehalt nach der Ausbildung |
Hessen | 52.657 € | 35.117 € |
Baden-Württemberg | 50.109 € | 33.418 € |
Hamburg | 48.867 € | 32.590 € |
Bayern | 48.535 € | 32.368 € |
Nordrhein-Westfalen | 46.513 € | 31.020 € |
Rheinland-Pfalz | 45.392 € | 30.272 € |
Bremen | 44.233 € | 29.499 € |
Saarland | 43.850 € | 29.244 € |
Berlin | 43.605 € | 29.081 € |
Niedersachsen | 42.368 € | 28.256 € |
Schleswig-Holstein | 40.748 € | 27.175 € |
Thüringen | 37.406 € | 24.947 € |
Sachsen | 36.894 € | 24.605 € |
Brandenburg | 36.433 € | 24.297 € |
Sachsen-Anhalt | 36.409 € | 24.282 € |
Mecklenburg-Vorpommern | 35.057 € | 23.380 € |
Lohnunterschiede zwischen Osten und Westen
Nach fast 30 Jahren Wiedervereinigung gibt es zwischen Ost- und Westdeutschland immer noch große Unterschiede – auch im Hinblick auf die Gehälter. So beträgt das Lohngefälle in diesem Jahr knapp 23,9 Prozent.
Durchschnitt 2019 | Durchschnitt 2017 | |
Gesamt Westdeutschland | 46.888 € | 42.968 € |
Gesamt Ostdeutschland | 37.838 € | 34.308 € |
Gefälle | 23,9% | 25,2% |
Der Branchenvergleich
Im Branchenvergleich sind die Abweichungen zwischen den Gehältern im Osten und Westen ebenfalls stark. In der Biotechnologie liegt das Durchschnittsgehalt von Fachkräften bei 63.500 Euro – Beschäftigte in Ostdeutschland erhalten in dieser Branche hingegen nur 45.100 Euro. Somit beträgt das Gefälle in dieser Branche rund 40 Prozent. Große Gehaltsunterschiede erkennen wir auch in der Konsum- und Gebrauchsgüterbranche sowie im Halbleiter-Sektor. Hier liegt der Lohnunterschied bei jeweils 39 Prozent.
Branche für Fachkräfte | Westdeutschland | Ostdeutschland | Differenz |
Biotechnologie | 63.531 € | 45.124 € | 40% |
Konsum- und Gebrauchsgüter | 72.204 € | 51.899 € | 39% |
Halbleiter | 76.920 € | 55.399 € | 39% |
Metall | 49.602 € | 38.050 € | 30% |
Möbel und Holz | 44.318 € | 34.268 € | 29% |
Abstand auf alte Bundesländer wird geringer
Trotz der hohen Gehaltsunterschiede zwischen dem Osten und Westen Deutschlands blicken wir auf eine positive Entwicklung. Im Vergleich zu 2017 hat sich die Gehaltslücke zwischen Osten und Westen um 1,3 Prozentpunkte verringert.
Darüber hinaus haben im Vergleich zum Vorjahr die neuen Bundesländer die stärksten positiven Gehaltsentwicklungen zu verzeichnen. Allen voran Sachsen-Anhalt mit einem Plus von 3,5 Prozent. In Brandenburg konnten die Einkommen um 2,7 Prozent und die in Mecklenburg-Vorpommern um 2,4 Prozent wachsen.
Die Gehälter im Osten und Westen gleichen sich an, wenn auch sehr langsam. Die sinkende Arbeitslosenquote in den neuen Bundesländern und die steigende Attraktivität von Städten wie Berlin, Dresden und Leipzig tragen zu dieser Entwicklung bei. Philip Bierbach, Geschäftsführer von GEHALT.de
Gender Pay Gap im Regionenvergleich
Für unseren Gehaltsatlas haben wir auch die unbereinigte Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern ermittelt. Das heißt, dass bei der Analyse Parameter wie Bildung, Alter, Funktion oder Berufserfahrung nicht berücksichtigt werden. Ein unbereinigter Wert ist deshalb mehr eine grobe Orientierung und gibt nicht die Realität wieder. Mit dem Ergebnis möchten wir vielmehr verdeutlichen, in welchen Bundesländern die Tendenz zu einer Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern am größten ist.
Die höchste Entgeltlücke liegt demnach in Baden-Württemberg vor – hier weichen die Gehälter um 26,5 Prozent zugunsten der Männer ab. Am niedrigsten ist der Wert in Mecklenburg-Vorpommern mit 16,4 Prozent.
Einkommensstarke Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg weisen in der Regel auch eine hohe Entgeltlücke auf, da die Gehaltsschere hier stärker auseinander geht. Philip Bierbach, Geschäftsführer von GEHALT.de
Bundesland | Unbereinigte Entgeltlücke | Entwicklung zum Vorjahr |
Baden-Württemberg | 26,5% | -0,3% |
Niedersachsen | 24,1% | -2,0% |
Bayern | 24,0% | -1,0% |
Hessen | 23,9% | -0,9% |
Saarland | 23,8% | -0,4% |
Rheinland-Pfalz | 22,9% | -2,2% |
Sachsen | 22,6% | -1,6% |
NRW | 22,5% | -1,9% |
Thüringen | 22,3% | -0,6% |
Bremen | 22,2% | -2,7% |
Sachsen-Anhalt | 20,8% | -1,8% |
Schleswig-Holstein | 20,4% | -1,2% |
Hamburg | 19,6% | -0,9% |
Berlin | 19,3% | -2,1% |
Brandburg | 16,6% | -0,1% |
Mecklenburg-Vorpommern | 16,4% | -2,7% |
Lebensunterhaltskosten variieren ebenfalls nach Region
Wenn wir die Gehälter aus unterschiedlichen Regionen vergleichen, müssen wir auch die Lebensunterhaltskosten an den jeweiligen Standorten berücksichtigen. Dazu zählen zum Beispiel die Mieten für Wohnraum und Kosten für Lebensmittel oder öffentliche Verkehrsmittel.
Verschiedene Studien legen offen, inwiefern die Lebensunterhaltskosten in den jeweiligen Regionen variieren. So verdeutlicht zum Beispiel der F+B-Mietspiegelindex 2017 die Höhe der Wohnkosten, die Deutschlands Mieter im Durchschnitt zahlen müssen. In Dresden liegt die Durchschnittsmiete bei 5,81 Euro pro Quadratmeter. Fast doppelt so hoch sind die Mieten in München: Pro Quadratmeter beträgt die Nettokaltmiete 10,22 Euro und überschreitet damit den bundesweiten Durchschnitt um 52 Prozent. Somit belegt die bayrische Landeshauptstadt den ersten Platz für die teuersten Mieten.
Besonders die Entwicklung der Berliner Wohnkosten ist laut einer Preisanalyse von ImmobilienScout24, dem Marktforschungsinstituts GfK und von checkmyplace.com besorgniserregend. Innerhalb von nur einem Jahr stieg der Anteil der Wohnkosten vom Jahresnettoeinkommen von 40 auf 46 Prozent. Beschäftigte mussten demnach im letzten Jahr rund 46 Prozent ihres Lohns für Wohnraum einplanen.
Die Attraktivität Berlins führt zu immer höheren Mietpreisen und einem steigenden Pendleraufkommen in der Hauptstadt. Vor einem berufsbedingten Umzug sollte deshalb jeder auch die Lebenshaltungskosten einkalkulieren. Philip Bierbach, Geschäftsführer von GEHALT.de
Wie entwickeln sich die Gehälter in der Zukunft?
Expertinnen und Experten schätzen die Entwicklung der Gehälter weiterhin optimistisch ein. Nicht ohne Grund, denn die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft ist weiterhin positiv. So erreichte beispielsweise die Arbeitslosenquote 2018 laut der Bundesagentur für Arbeit ein Rekordtief von 4,8 Prozent und lag damit erstmals seit der Wiedervereinigung unter fünf Prozent.
Auch das Bruttoinlandsprodukt konnte laut des Statistischen Bundesamts im vierten Quartal um 1,1 Prozent steigen. Das Wirtschaftswachstum wird demnach etwas ausgebremst – was Ökonomen vor allem auf den Abgasskandal in der Autoindustrie zurückführen. Allerdings rechnen sie trotzdem mit einer Fortsetzung des Aufschwungs, wenn auch mit einem kleinen Dämpfer. Weitere Informationen zur Gehaltsentwicklung 2019 finden Sie auch bei unseren Kolleginnen und Kollegen von Compensation Partner.
Diese Entwicklung ist in erster Linie gut für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auf Unternehmensseite wird es hingegen immer schwieriger, offene Stellen zu besetzen – vor allem kleine Firmen stehen vor dieser Problematik. In Bereichen wie IT, Handwerk oder Pflege herrscht zudem ein starker Fachkräftemangel, was diesen Effekt noch weiter verschärft.
Ein Interview zu den Ergebnissen mit Philip Bierbach, dem Geschäftsführer von GEHALT.de, finden Sie hier.