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Gehaltsatlas 2019: Interview mit Dr. Philip Bierbach

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Kategorie: Berufe & Gehälter
03.02.2019
Tipps & Tricks zum Thema Gehalt, Karriere & Berufsleben
findest du im Stepstone Magazin
Der Geschäftsführer Dr. Philip Bierbach steht mit verschränkten Armen und lächelt.

Wie werden die Daten für den Gehaltsatlas erhoben?

"Wir verwenden unterschiedliche Quellen zur Datengenerierung: Einerseits helfen uns dabei unsere Webseiten GEHALT.de und Gehaltsvergleich.com. Hier können alle Nutzerinnen und Nutzer ihr Gehalt prüfen, indem sie auch ihr eigenes Einkommen angeben. Die eingegebenen Daten werden anschließend von unseren Vergütungsexpertinnen und -experten geprüft und für weitere Statistiken aufbereitet. Darüber hinaus arbeitet Compensation Partner als unser Beratungsunternehmen direkt mit Firmen zusammen. Hierüber erhalten wir von unseren Kunden Gehaltsinformationen aus erster Hand. Alle Daten werden dabei anonymisiert.

Bei der Erstellung verwenden wir immer die Gehaltsdaten der vergangenen 12 Monate, um möglichst marktaktuell zu bleiben. Das ist auch beim Gehaltsatlas der Fall."

Gab es Überraschungen im diesjährigen Gehaltsatlas?

"Es gibt einige Auffälligkeiten im Vergleich zum Vorjahr: Bayern wurde hinsichtlich des Gehaltsniveaus von Hamburg überholt. Die Hansestadt befindet sich damit auf dem dritten Rang – Bayern hingegen verliert ein paar Prozentpunkte und rutscht auf den vierten Rang. Außerdem beobachten wir seit der Finanzkrise eine leichte Verbesserung der Gehälter im Osten der Republik, sodass sich die Gehälter im Osten und Westen Deutschlands annähern. Diese Entwicklung hat in den vergangenen zwei Jahren an Wachstumsgeschwindigkeit zugenommen."

Alle Jahre wieder: Der Osten verdient weniger als der Westen. Wann hört das auf?

"Regionale Unterschiede sind die Folge wirtschaftsstruktureller und politischer Entwicklungen. Das betrifft nicht nur Deutschland. Überall auf der Welt stoßen wir auf solche Lohndifferenzen. Gegenden, in denen kaum Großunternehmen ansässig sind und weniger Investitionen getätigt werden, sind in der Regel vergütungsschwächer. Es gibt auch Regionen in Westdeutschland, in denen die  Löhne unterdurchschnittlich hoch sind – Beispiele hierfür sind Bremen und Schleswig-Holstein.

Das West-Ost-Gefälle im Gehalt hat unterschiedliche Ursachen. Dafür verantwortlich sind in den neuen Bundesländern unter anderem der Mangel an Großunternehmen, der überwiegend ländlich geprägte Raum, geringere Forschungs- und Innovationsaktivitäten, Abwanderung von jungen Erwerbsfähigen und ein geringer Internationalisierungsgrad.

Das Ost-West-Thema ist aber natürlich auch ein historisch gewachsenes. Seit der Wende 1989/1990 erleben wir Angleichungsmaßnahmen auf unterschiedlichen Gebieten. So wurde beispielsweise in den Straßenbau investiert und Initiativen ins Leben gerufen, die den Wirtschafsstandort der neuen Bundesländer für mittelständische Unternehmen attraktiver machen sollen. Wichtig ist auch die Unterstützung berufstätiger Eltern, um dort ihr Familienleben auf einem hohen Niveau zu gewährleisten. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wurde bereits einiges erreicht, da zum Beispiel die Wertschöpfung pro Bewohner deutlich erhöht werden konnte. Darüber hinaus müssen wir auch bedenken, dass die Lebenshaltungskosten im Osten geringer sind als im Westen. Damit sind die Alltagsausgaben im Westen höher. Dennoch, unserer Meinung nach gibt es immer noch viel zu tun."

Wie wichtig ist die Betrachtung der Ausgaben in diesem Zusammenhang?

"Sehr wichtig, doch die Ausgabenseite ist für jeden einzelnen individuell und unsere Kernkompetenz liegt vor allem beim Gehalt. Doch wir überlegen bereits, wie wir die Kosten in unseren Auswertungen am besten darstellen. Eine solche Gegenüberstellung ist besonders dann wichtig, wenn berufsbedingte Umzüge geplant sind. Zu den relevanten Ausgaben gehören unter anderem die Aufwändungen für Lebensmittel, Versicherungen, Kinderbetreuung, Freizeit, Bekleidung oder für Wohnraum."

Frauen verdienen weniger als Männer: Wie schätzen Sie diese Zahlen ein?

"Die genannten Entgeltlücken in unserem Gehaltsatlas sind unbereinigt. Das bedeutet, dass wir die Daten von allen Frauen und Männern gegenübergestellt haben. Für einen genauen Vergleich der Geschlechter müssen allerdings sämtliche Parameter (zum Beispiel Berufsbezeichnung, Hierarchieebene, Berufserfahrung, Alter, Region oder Unternehmensgröße) identisch sein. Erst dann können wir von einer realistischen Entgeltlücke sprechen.

Die unbereinigte Gegenüberstellung kann hier nur einen groben Überblick vermitteln und zeigen, in welchen Bundesländern tendenziell Frauen schlechter vergütet werden als Männer. Sobald wir die Daten weitgehend bereinigen, fallen die Prozentwerte in vielen Fällen auf einen einstelligen Betrag. Dieser ist dann leider oft immer noch zu Ungunsten der Frauen.

Ich empfehle an dieser Stelle die Auswertung unserer Kolleginnen und Kollegen von Compensation Partner, die sich dem Thema regelmäßig widmen und auch das Familienministerium hinsichtlich der Entgeltlücke beraten."

Hier geht's zur Studie: https://www.compensation-partner.de/de/news-und-presse/entgeltmonitor-2018-der-lohnunterschied-zwischen-frauen-und-mannern

Was glauben Sie, wie werden sich die Gehälter in den nächsten Jahren entwickeln?

"Positiv, denn wir erleben derzeit einen boomenden Arbeitsmarkt mit rekordhaften niedrigen Arbeitslosenquoten. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr weiter steigen – Expertinnen und Experten gehen von 1,6 Prozent aus. Die Entwicklung des Reallohns dürfte ein Plus von bis zu 1,8 Prozent betragen. Einige Dämpfer könnte es durch den Brexit, die Handelskonflikte mit den USA oder aber die schwächelnde Automobilindustrie geben. Das muss sich aber erst zeigen. Wir sind jedenfalls positiv gestimmt!

Welche Branche sticht im Gehaltsatlas 2019 besonders hervor?

"Auffällig ist die Pharmaindustrie. Diese Branche ist besonders häufig unter den Top-3 der jeweiligen Bundesländer vertreten und belegt in Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen den ersten Platz.

Allerdings zahlen Unternehmen in der Bremer Luftfahrt mit rund 81.000 Euro jährlich die höchsten Einkommen im Vergleich. Dieses Ergebnis lässt sich damit erklären, dass im Bundesland Bremen große und internationale Industrieunternehmen wie die Airbus Group und OHB SE produzieren.

Das Ergebnis ist aber auch deswegen bemerkenswert, weil die Gehälter in Bremen im Regionalvergleich insgesamt fünf Prozent unter dem Bundesdurchschnittsverdienst liegen. Spezialisten aus der Luft- und Raumfahrt dürften damit in Bremen zu den Top-Verdienern gehören."

Was schlussfolgern Sie aus dem diesjährigen Gehaltsatlas für zukünftige Studien?

"Wir wollen den Atlas jedes Jahr um weitere Aspekte ergänzen, um unseren Nutzerinnen und Nutzern jedes Jahr zusätzlichen Mehrwert bieten zu können. So möchten wir in Zukunft auch Ergebnisse von anderen Studien aufführen und auf diese Weise unsere vielen Auswertungen in einer einzigen bündeln. Wie bereits erwähnt, sollten wir auch die Kostenseite betrachten, Daher recherchieren wir derzeit, aus welchen Quellen wir die Informationen holen oder mit welchen Kooperationspartnern wir hier zusammenarbeiten können."

Welche Tipps können Sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern noch geben?

Es reicht nicht, sich nur an den von uns ermittelten Durchschnittsgehältern zu orientieren und seinen nächsten Umzug aufgrund eines höheren Lohnniveaus in der jeweiligen Stadt oder Region zu planen. Die Lebenshaltungskosten – also Miete, Auffände für Nahrungsmittel oder den öffentlichen Nahverkehr – variieren je nach Bundesland. Wer ein neues Jobangebot aus einer anderen Stadt erhält, sollte dies berücksichtigen und sich vorher informieren, wie viel der Wechsel finanziell bringt.    

Generell können wir sagen, dass die Liste der Top-Berufe von Jobs dominiert wird, die meist nur nach einem Studienabschluss ausgeführt werden können. Wer also höhere Gehaltsklassen anvisiert, kommt um den Besuch einer Universität oder Hochschule nicht herum. Ansonsten können auch Weiterbildungen dabei helfen, das Gehalt aufzustocken. Außerdem sollte schon bei der Auswahl des Studiums oder der Ausbildung die entsprechenden Verdienstmöglichkeiten in der jeweiligen Branche berücksichtigt werden. 

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