Gehaltsbiografie 2019: So viel verdienen wir in unserem Berufsleben
Wie viel verdienen Beschäftigte verschiedener Altersgruppen im Monat, im Jahr oder in ihrem gesamten Berufsleben? Summieren wir die Bruttojahresgehälter im Laufe einer Karriere bis zum 60. Lebensjahr auf, ergibt sich meist am Ende ein Millionen-Betrag. Dieses sogenannte Lebenseinkommen variiert je nach Berufsweg stark. In der neuen Gehaltsbiografie zeigen wir, wie beispielsweise eine Schwangerschaft, Arbeitslosigkeit oder eine Weiterbildung darauf Einfluss nehmen können. In diesem Beitrag finden Sie die wichtigsten Ergebnisse der Analyse.
Für unsere aktuelle Studie „Gehaltsbiografie 2019“ haben wir 216.711 Daten von Beschäftigten ausgewertet. 40 Prozent waren weiblich und 60 Prozent der Befragten männlich. Im folgenden Text finden Sie die Angaben als durchschnittliche Jahresbruttogehälter vor.
Im Fokus der „Gehaltsbiografie 2019“ steht die Frage, wie stark sich das Einkommen mit dem Alter verändert. Beispielsweise beträgt das Gehalt von Fachkräften bei Berufseinstieg, also mit 20 Jahren, rund 30.100 Euro und mit 60 Jahren – kurz vor Renteneintritt – 50.700 Euro. Betrachten wir den Lohn von Fachkräften aus allen Altersgruppen, liegt er im Durchschnitt bei rund 45.300 Euro.
Mit Personalverantwortung steigt das Einkommen
Unter den Führungskräften sind die Einkommen deutlich höher: Sie treten zwar erst mit 25 Jahren ins Berufsleben, erhalten zu diesem Zeitpunkt aber schon 62.800 Euro jährlich. Mit 60 Jahren beziehen sie dann ein Einkommen von circa 128.700 Euro. Über alle Altersgruppen hinweg erreicht es durchschnittlich 104.600 Euro.
Die Übernahme von Personalverantwortung sowie der Wechsel in ein Großunternehmen üben einen starken Einfluss auf das Gehalt aus. Allerdings ist es stets eine individuelle Entscheidung mit persönlichen Vorlieben. Nicht jeder fühlt sich in einem Konzern wohl oder will leitende Aufgaben übernehmen.
Philip Bierbach, Geschäftsführer von GEHALT.de
Summieren wir die Jahresgehälter der Beschäftigten von Karriereanfang bis kurz vor Renteneintritt (60 Jahre), ergibt sich folgendes Bild: Führungskräfte haben am Ende ihres Berufslebens rund 3,7 Mio. und Fachkräfte 1,8 Mio. Euro angesammelt.
Hierfür wird jeweils das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen für fünf Jahre errechnet. Diese Daten werden dann ab dem 20. für Fachkräfte und für Führungskräfte ab dem 25. bis zum 60. Lebensjahr addiert. Dieses Verfahren wurde auch für die weiteren Szenarien angewendet.
Szenarien und Lebenseinkommen
Die Höhe des kumulierten Einkommens hängt außerdem stark von bestimmten Ereignissen ab, die im Laufe eines Berufslebens eintreten können. Dazu zählen ein Studienabschluss oder aber der Wunsch, eine Familie zu gründen. Hat sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer weiterbilden lassen oder den Job gewechselt? Auch ein plötzlicher Schicksalsschlag kann Einfluss auf das Lebenseinkommen nehmen, wenn daraus beispielsweise eine Arbeitslosigkeit folgt.
In der Gehaltsbiografie haben unsere Analysten einige dieser Szenarien skizziert. Es handelt sich dabei jedoch um Hochrechnungen, die ausschließlich das Einkommen und soziale Bezüge wie Arbeitslosen- sowie Elterngeld berücksichtigen.
Über zwei Millionen in der Softwareentwicklung
Entscheidend für die Gehaltsentwicklung ist zudem die Berufswahl. Die folgenden zwei Beispiele verdeutlichen die Gehaltsdifferenzen zwischen zwei Berufstätigen in der Altenpflege und in der Backend-Softwareentwicklung. Außerdem gehen wir davon aus, dass die Bezüge bereits im Alter von 20 beginnen und bis zum 60. Lebensjahr ohne berufliche Veränderung bestehen bleiben.
Für einen Beschäftigten in der Altenpflege häufen sich zwischen dem 20. und dem 60. Lebensjahr rund 1,3 Mio. Euro an – in der Softwareentwicklung (Backend) sind es 2,4 Mio. Euro.
Ein Meistertitel im Handwerk lohnt sich
Etwas geringer als in der Softwareentwicklung ist das Lebenseinkommen im Handwerk: Für einen Mechatroniker haben unsere Analysten 1,6 Mio. Euro berechnet. In diesem Fall gehen wir davon aus, dass er in seinem gesamten Berufsleben als Geselle arbeitet. Doch wie verändert sich dieser Betrag, wenn der Handwerker sich zum Meister weiterbilden lässt und später Personalverantwortung übernimmt?
Angenommen der Beschäftigte hat mit 30 Jahren eine Position als Meister inne – noch ohne Personalverantwortung. Sein Einkommen liegt dann bei 44.200 Euro. Zum Vergleich: Der Geselle verdient zu diesem Zeitpunkt 36.600 Euro im Jahr.
Der Meister erlangt mit 40 Jahren eine Position mit Personalverantwortung und wird mit 45 schließlich Betriebsleiter mit rund 50 Angestellten. Sein Jahreseinkommen liegt dann bei 81.400 Euro. Das des Gesellen beträgt im selben Alter rund 41.500 Euro.
Auch das Lebenseinkommen mit 60 Jahren verdeutlicht, wie stark sich eine Weiterbildung und die Übernahme von Personalverantwortung letztendlich lohnen: Der Handwerker, der später zum Betriebsleiter aufsteigt, erreicht 2,5 Mio. Euro und damit fast eine Million Euro mehr als der Geselle (1,6 Mio. Euro).
In einer anderen Auswertung aus 2019 können Sie einsehen, wie das Einkommen in unterschiedlichen Handwerksbereichen durch den Meistertitel ansteigt.
Einfluss einer Schwangerschaft
In einem weiteren Szenario skizzieren wir den Lebenslauf einer Einzelhandelskauffrau, die ihre Karriere aufgrund einer Schwangerschaft unterbricht.
Ihr Einstiegsgehalt liegt bei rund 25.200 Euro. Sie wird mit 30 schwanger und bezieht dann mit 31 Jahren Elterngeld, das rund 67 Prozent ihres Einkommens ausmacht. Auf eine Umrechnung in Netto-Bezüge wurde im Falle des Elterngeldes verzichtet. Weitere Informationen zu den Grundlagen der Berechnung können Sie beispielsweise hier einsehen.
Mit 32 Jahren übernimmt sie eine Teilzeitstelle und erhält bis sie 44 Jahre alt ist 75 Prozent ihres Gehalts. Danach arbeitet sie bis zum 60. Lebensjahr auf Vollzeitbasis. Kumuliert beträgt ihr Einkommen dann am Ende 1,1 Mio. Euro. Sollte sie keine Familie gründen, aber auch keinen Positionswechsel oder eine Weiterbildung anstreben, läge das Lebenseinkommen bei circa 1,2 Mio. Euro und wäre rund zehn Prozent höher.
Eine Einzelhandelskauffrau, die ein zusätzliches Studium abschließt und letztendlich mit 45 Jahren Einkaufleiterin in einem größeren Unternehmen wird, erhält im Laufe ihres Lebens fast drei Mio. Euro (2,9 Mio. Euro). Ihr Lebenseinkommen ist somit mehr als doppelt so hoch wie das der Mutter.
Die Arbeitspause durch die Geburt eines Kindes wirkt sich negativ auf das Einkommen der Mutter aus. Der Weg zurück in den Job auf eine 100-Prozent-Stelle kann einige Jahre dauern. Die Kraft aufzubringen, danach die Karriere weiter zu verfolgen und sich fortzubilden, ist nicht einfach. Die Mühe lohnt sich jedoch auch noch nach dem 40. Lebensjahr.
Dr. Philip Bierbach, Geschäftsführer von GEHALT.de
Der Einfluss von Arbeitslosengeld und Mindestlohn
Doch wie stark verringert sich das Lebenseinkommen durch den mehrjährigen Bezug von Arbeitslosengeld oder eine Vergütung auf Mindestlohnniveau? Für das Jahr 2019 beträgt der Mindestlohn 9,19 Euro pro Stunde. Daraus ergibt sich – ausgehend von einer 40-Stunden-Woche – ein jährliches Einkommen von 19.100 Euro. Erreicht die oder der Beschäftigte das 60. Lebensjahr und hat bis dato immer auf Mindestlohnniveau gearbeitet, liegt sein Lebenseinkommen bei 783.100 Euro. Gehen wir in demselben Zeitraum von einer Arbeitslosigkeit und einem Bezug von Hartz IV aus, stellen wir einen Betrag von 452.100 Euro fest.
Doch wie nimmt eine plötzliche Arbeitslosigkeit Einfluss auf das Lebenseinkommen von jemandem, der bis zu seinem 45. Lebensjahr regulär gearbeitet hat? Die Zahlen zeigen, wie sich das Lebenseinkommen eines Straßenbauers verringert, der erst Arbeitslosengeld I und dann Hartz IV bezieht.
Bei dem dritten Szenario finden Sie ein Lebenseinkommen von einem Straßenbauer vor, der nach seiner Arbeitslosigkeit mit 49 Jahren auf Mindestlohnniveau weiter gearbeitet hat. Dessen Lebenseinkommen ist circa 100.000 Euro höher als das des Beschäftigten der lediglich Arbeitslosengeld bezieht.
Eine plötzliche Arbeitslosigkeit kann jeden treffen und wirkt häufig wie eine persönliche Niederlage. Doch sie kann auch einen beruflichen Neuanfang ermöglichen. Betroffene haben die Möglichkeit, den bisherigen Karriereweg zu hinterfragen und sich neue Ziele zu stecken.
Dr. Philip Bierbach, Geschäftsführer von GEHALT.de
Fazit
Betrachten wir die Gehaltsentwicklungen nach Alter, fallen vor allem die Differenzen zwischen Fach- und Führungskräften auf. Wer im höheren Alter mehr als 100.000 Euro jährlich verdienen möchte, kommt meist um eine Position mit Personalverantwortung nicht herum.
Durch Bildung, Berufs- oder Branchenwahl können Beschäftigte die Einkommenshöhe aktiv beeinflussen, auch als Fachkraft. Regelmäßige und zusätzliche Qualifizierungen helfen der Karriere auf die Sprünge, denn die Auswertung zeigt: Der Schritt in ein zusätzliches Studium oder eine Weiterbildung lohnt sich.
Natürlich gibt es auch Faktoren, die sich von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht steuern lassen. Krankheit, Schicksalsschläge oder eine plötzliche Arbeitslosigkeit können jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer treffen. Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt für das Lebenseinkommen von Müttern und Vätern eine große Rolle. Diese und weitere Zusammenhänge sollen in dieser Studie näher beleuchtet werden.
Methodik & Datengrundlage
Für die Gehaltsbiografie 2019 wurden insgesamt 216.711 Vergütungsdaten analysiert. Rund 40 Prozent der Befragten sind weiblich und 60 Prozent männlich.
Das Durchschnittsalter der männlichen Fachkräfte liegt bei 38, das der Frauen bei 39 Jahren. Unter den Führungskräften beträgt das durchschnittliche Alter bei Männern rund 46 und bei Frauen 44 Jahre. Rund drei Prozent der weiblichen Angestellten tragen Führungs- und Personalverantwortung. Unter den Männern sind es elf Prozent.