Gehaltsvergleich UK: Arbeit, Leben, Einkommen in Großbritannien und Nordirland
Als Zusammenschluss von England, Schottland, Wales und Nordirland ist das Vereinigte Königreich (United Kingdom oder kurz UK) nicht nur der größte Inselstaat Europas, sondern auch eines der beliebtesten Auswanderungsorte der Europäer. Alleine in Deutschland wanderten im Jahr 2021 über 4.500 Personen nach Großbritannien und Nordirland aus. Doch obwohl England, Schottland & Co. mit mystischem und historischem Charme so manches Traumziel darstellen, sollte die Auswanderung gut überlegt und geplant sein.
Neben einem profitablen Beruf, der die Lebenshaltungskosten deckt, wird ein bezahlbarer Wohnraum und die richtigen Versicherungen benötigt. Zudem sollte man sich vorab gut über die Kultur im UK informieren, um nicht in ein Fettnäpfchen zu treten.
Kultur und Leben im UK
Obwohl England, Großbritannien und UK oft als Synonyme verwendet werden, gilt eigentlich nur das Vereinigte Königreich als einheitlicher Staat. England ist hingegen der bevölkerungsreichste Landesteil und Großbritannien ist der Name der Insel, die aus England, Wald und Schottland besteht.
Archäologische Funde belegen, dass bereits in der Eiszeit Menschen auf Europas größtem Inselstaat lebten, und Britannien rückt in der Römerzeit in die Aufmerksamkeit der Geschichtsschreibung. Doch die Geschichte Englands und somit des Vereinigten Königreichs beginnt erst ungefähr im 5. Jahrhundert: Angelsachsen besiedelten damals die Insel und gründeten mehrere Königreiche, von denen einige zu den heute noch existierenden Grafschaften des Vereinigten Königreichs gehören.
Im Laufe des Mittelalters wird Britannien oder zumindest Teile davon zunächst von Wikingern und dann von Normannen erobert; anschließend ist das Land Schauplatz verschiedener dynastischer Konflikte, wie dem Hundertjährigen Krieg und dem Rosenkrieg. In der Frühen Neuzeit beginnt dank Elisabeth I. der Aufstieg Englands zur Kolonialmacht, dem British Empire, und damit dem Wirtschafts- und Kulturland, das wir heute kennen.
1707 schlossen sich Schottland und England zum Königreich Großbritannien zusammen und bildeten 1800 zusammen mit Irland das Vereinigte Königreich Großbritannien. Doch schon 1922 löst sich Irland wieder aus dem als Besatzer empfundenen Königreich und nur Nordirland gehört weiterhin zum UK.
In den 1970er-Jahren erlebte Großbritannien eine Wirtschaftskrise mit Inflation und hoher Arbeitslosigkeit, sodass die Regierung beschloss, Teil der EG bzw. später der Europäischen Union zu werden. Ab 1973 gehörte das UK mit zur EU, führte jedoch nie den Euro ein und beschloss mit einer Volksabstimmung im Juni 2016 aus der Europäischen Union auszutreten. Der Brexit hat einen erheblichen Einfluss auf Europäer*innen, die gerne nach Großbritannien auswandern möchten.
Den Einfluss, den das ehemalige Empire als Kolonialmacht auf andere Kulturen hatte, ist auch noch heute in Australien, Südafrika, Kanada und auch in den Vereinigten Staaten zu spüren. Doch auch in Deutschland zeigt sich durch britische Literatur, naturwissenschaftliche Erkenntnisse und nicht zuletzt durch in Großbritannien entstandene Sportarten (bekanntestes Beispiel: Fußball) ein weitreichender Einfluss.
Doch wie sind die Briten menschlich? Stimmen die Klischees vom trockenen Humor und akkuratem Benehmen? Tatsächlich gehört Höflichkeit mit zu den wichtigsten Umgangsformen in Großbritannien. Fragen sollten immer mit einem “Please” und Antworten immer mit einem “Thank you”, begleitet werden. Auch bei Unterbrechungen oder unfreiwilligen Zusammenstößen auf der Straße gehört es zum guten Ton, sich kurz zu entschuldigen. Doch lebhafte Diskussionen und kritisches Denken sind ebenfalls elementarer Teil britischer Alltagskultur. Wer ausschließlich auf Höflichkeit setzt, die eigene Meinung völlig hinten anstellt und allem zustimmt, begeht einen Fehler. Auch Pünktlichkeit und Geduld gehören zu den kulturellen Tugenden Großbritanniens, denen man sich als Auswanderer oder auch als Tourist anpassen sollte.
Wohnen und Lebenshaltungskosten in UK
Auf einer Fläche von rund 243.610 km² leben in Großbritannien um die 66 Millionen Menschen. Und die müssen zahlungskräftig sein: So benötigt ein Singlehaushalt sage und schreibe umgerechnet 5.530 Euro im Monat, um ein angenehmes Leben zu führen. Besonders kostspielig ist die Lebenshaltung in der Hauptstadt, denn London gehört zu den teuersten Städten der Welt. Daher leben viele Personen in London in Wohngemeinschaften, selbst wenn sie schon erwerbstätig sind. Doch selbst ein sehr kleines Zimmer in der beliebten Stadt kostet mindestens um die 1.000 Euro im Monat. Dabei bedeuten die hohen Kosten nicht, dass die Wohnungen oder das Zimmer gut ausgestattet, geschweige denn in einem guten Zustand sind. Wer sich außerhalb der Stadt etwas sucht, kann mit etwas Glück ein Drei-Zimmer-Appartement für ungefähr umgerechnet 2.500 Euro im Monat ergattern.
Wer günstig in Großbritannien und Nordirland leben möchte, sollte sich nach einem Wohnplatz in Lincoln, Cardiff, Belfast oder Newcastle umsehen. Hier können Zimmer für um die 200 Euro oder Einzimmerwohnungen für um die 650 Euro gemietet werden. Die Nebenkosten für Strom, Heizung und Wasser liegen im UK im Durchschnitt bei 50 Euro im Monat. Hinzukommen umgerechnet 177 Euro, wenn ein Fernseher oder Computer im Haushalt vorhanden ist. Ähnlich wie der deutsche Rundfunkbeitrag fällt dieser Gebühr pro Haushalt an und wird bei Wohngemeinschaften durch die Personen geteilt.
Auch die restlichen Lebenshaltungskosten sind deutlich höher als in Deutschland. In der folgenden Tabelle sind einige ausgewählte Lebensmittel und ihre britischen und deutschen Durchschnittspreise aufgelistet. Für eine bessere Vergleichbarkeit in der Tabelle wurden die Preise in Großbritannien in Euro statt in Pfund angegeben.
Produkt |
UK |
Deutschland |
Milch, 1 Liter |
1,10 Euro |
0,92 Euro |
Wasser, 1,5 Liter |
1,01 Euro |
0,53 Euro |
Reis, 1 kg |
1,69 Euro |
1,94 Euro |
Kartoffeln, 1 kg |
1,38 Euro |
1,48 Euro |
Äpfel, 1 kg |
2,63 Euro |
2,41 Euro |
Rindfleisch, 1 kg |
11,74 Euro |
13,61 Euro |
Bier, 0,5 Liter |
2,41 Euro |
0,58 Euro |
In Großbritannien fahren fast überall Busse, um sich von einem Ort zum anderen zu bewegen. Eine Monatskarte kostet im UK je nach Region im Schnitt 183 Euro und ist wie in Deutschland auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt.
Wer lieber auf das eigene Auto setzt, muss sich in London auf Mautgebühren von rund 12 Euro pro Tag einstellen. Für die meisten Menschen ist der vorherrschende Linksverkehr eine zusätzliche Herausforderung. Auch für Fußgänger ist es enorm wichtig, daran zu denken, um Unfälle bei der Überquerung der Straße zu vermeiden.
Arbeit und Gehalt im UK
Wie in vielen europäischen Ländern gibt es auch auf den britischen Inseln einen Mindestlohn. Dieser liegt aktuell bei 9,50 Pfund, also ca. bei 11,31 Euro (Stand September 2022). Anspruch auf den Mindestlohn hat jede Person ab 23 Jahren. Für jüngere Personen gibt es eine niedrigere Untergrenze. Mit 4,81 Pfund bekommen Auszubildende und Personen unter 18 Jahren den geringsten Mindestlohn.
In Großbritannien sind wie in vielen anderen Länder insbesondere Menschen im Pflegebereich gefragt, jedoch besteht auch immer Bedarf im Bereich Versicherungen, Banken und Werbung. Und wie sieht es mit dem Verdienst aus? Das jährliche Durchschnittsgehalt liegt im Vereinigten Königreich bei ungefähr 74.115 Euro. Dies verteilt sich wie in den meisten anderen Ländern ungleich über die unterschiedlichen Regionen: Am höchsten sind die Gehälter in der Hauptstadt und Finanzmetropole London. Hier liegt der jährliche Durchschnitt bei 85.275 Euro. Die bestbezahlten Berufe finden sich jedoch nicht in den gefragten Branchen, sondern im juristischen Bereich mit einem Durchschnitt von 99.915 Euro und im Finanzwesen mit 98.715 Euro. Die Gastronomie bildet mit einem Durchschnitt von 38.600 Euro pro Jahr das Schlusslicht. In der folgenden Liste einige ausgewählte Berufe mit ihren ungefähren jährlichen Gehältern im UK:
- Anwalt/Anwältin: 62.000 - 100.380 Euro
- Finanzmanager/-in: 87.000 - 107.300 Euro
- IT-Manager/-in: 62.000 - 101.740 Euro
- Kellner/-in: 22.000 - 27.260 Euro
- Lehrer/-in: 37.000 - 47.000 Euro
- Web-Entwickler/-in: 59.000 - 62.000 Euro
- Wirtschaftsprüfer/-in: 89.550 - 97.000 Euro
Für weitere Gehaltsdaten empfehlen wir an dieser Stelle den Salary Checker von Totaljobs.
Die Einkommenssteuer wird nach dem PAYE-Prinzip (Pay As Your Earn), wie in Deutschland, direkt vom Arbeitgeber einbehalten. Abhängig vom Jahreseinkommen gilt ein Einkommenssteuersatz von 10 Prozent, 22 Prozent oder 40 Prozent. Die National Insurance (staatliche Sozialversicherungsbeiträge) werden ebenfalls vor der Gehaltszahlung einbehalten. Beiträge müssen von Arbeitnehmern und deren Arbeitgebern sowie durch Selbstständige und Freiberufler gezahlt werden.
Das Arbeitsrecht in den Vereinigten Königreich unterscheidet sich in vielen Aspekten deutlich vom deutschen Arbeitsrecht und fällt nicht selten zugunsten der Arbeitgeber aus. Kündigungsfristen werden im UK in den Arbeitsverträgen festgelegt und kann dem Arbeitgeber sogar das Recht zusprechen, sich selbst nicht an diese halten zu müssen. Wer zwei Jahre in einem Unternehmen tätig ist, profitiert jedoch immer vom Kündigungsschutz. Dieser bietet Arbeitnehmer*innen die Möglichkeit, gegen eine Kündigung zu klagen, sofern diese ungerechtfertigt war. Gewinnt der*die Arbeitnehmer*in diesen Prozess, wird die Kündigung jedoch nicht unwirksam, sondern es gibt eine finanzielle Entschädigung. Wer in Folge einer Kündigung arbeitslos wird, bekommt eine Arbeitslosenunterstützung von ca. 365 Euro über eine Dauer von 26 Wochen. Gehaltsbezogene Arbeitslosenunterstützung gibt es in den UK nicht.
Krankheit, Elternzeit und Rente im UK
Sollten Arbeitnehmer*innen im Winter eine Erkältung bekommen oder sich sogar eine schlimmere Krankheit zuziehen, erhalten sie in den UK für bis zu 28 Wochen eine gesetzliche Krankengeld-Pauschale von ungefähr 100 Euro. Arbeitgeber haben jedoch die Möglichkeit, das Krankengeld freiwillig auf den Nettolohn aufzustocken.
Das Gesundheitssystem wird vom nationalen Gesundheitssystem (NHS) organisiert. Es soll jedem Menschen im UK möglich sein, einen freien Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten. Die Leistungen sind dabei jedoch nicht klar formuliert und es kann zu unterschiedlichen Ansprüchen bei den Arztpraxen und Krankenhäusern kommen. Daher lohnt es sich, eine private Zusatzversicherung abzuschließen. Eine freie Arztwahl gibt es im UK übrigens nicht, dieser richtet sich nach der Postleitzahl.
Auch die Elternzeit und der Mutterschutz funktionieren im UK etwas anders als in Deutschland. Wenn dem Arbeitgeber 15 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin die Schwangerschaft mitgeteilt wurde, haben werdende Mütter einen Anspruch auf 26 Wochen Ordinary Maternity Leave und 26 Wochen Additional Maternity Leave. Arbeitnehmerinnen sind dabei verpflichtet, nach der Geburt mindestens 2 Wochen Mutterschutzurlaub zu nehmen – Frauen, die in Fabriken tätig sind, sogar 4 Wochen. In den ersten 6 Wochen bezieht die Mutter 90 Prozent ihres Nettogehalts, in den folgenden Wochen erhält sie wöchentlich ungefähr 168 Euro.
Väter haben einen Anspruch auf ein- bis zweiwöchigen Ordinary Paternity Leave innerhalb der ersten 56 Lebenswochen des Neugeborenen. Während dieser Zeit erhalten sie ebenfalls 90 Prozent ihres Nettogehalts. Seit April 2015 ist mit der Verkürzung der Maternity Leave geteilte Elternzeit möglich.
Mit dem Eintritt ins Rentenalter profitieren Männer, die nach 1951, und Frauen, die nach 1953, geboren wurden, von der Altersrente (New State Pension). Aktuell liegt das Rentenalter bei 66 Jahren, soll jedoch bis 2026 auf 67 Jahre angehoben werden. Arbeitnehmer*innen können ihren Eintritt in die Rente verschieben und erhalten dafür eine Extra State Pension. Diese erhöht die Altersrente pro verschobenes Jahr um 5,78 Prozent. Personen, die 35 Jahre im UK gearbeitet haben, erhalten die volle Rente von wöchentlich ungefähr 206 Euro (Stand 2022). Wer weniger gearbeitet hat, erhält prozentual weniger Rente.
Die Auswirkung des Brexits
Wer ins Vereinigte Königreich auswandern möchte, muss seit dem Brexit auf einige neue Regeln achten. Weitestgehend betreffen die neuen Regeln einkommensschwache Personen. Großbritannien hat sich nämlich für ein punktebasiertes Einwanderungssystem entschieden, welches je nach Visum bestimmte Kriterien einfordert. Den Antrag und den Identitätsnachweis kann man direkt über eine App einreichen. Dauert der Aufenthalt länger als sechs Monate, kommt ein Einwanderungskrankenzuschlag hinzu. Folgende Visa-Möglichkeiten gibt es unter anderem seit dem Brexit:
- Child Student route (Kind im Alter von 4-17 Jahren, die eine independent school, also eine unabhängige Schule, besuchen wollen)
- Student route (Studenten, die im Vereinigten Königreich ein Studienangebot haben)
- Graduate visa (Doktoranden)
- Health and Care visa (Facharbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich)
- Internationales Talent-Visum (Qualifizierte Fachkräfte ohne Arbeitsangebot)
- Skilled Worker visa (Fachkräfte mit Arbeitsangebot)
Für alle aufgelisteten Visa gilt, dass sehr gute Englischkenntnisse nachgewiesen werden müssen. Das Schulenglisch reicht hier in der Regel nicht aus, kleine Kinder natürlich ausgenommen.
Fazit: Arbeiten und Leben im UK
Der Brexit hat die Einwanderung nach Großbritannien etwas erschwert, sodass nur noch für bestimmte Berufsgruppen ein dauerhafter Aufenthalt möglich ist. Wer ein neues Leben im UK beginnen möchte, hat hingegen eher schlechte Karten. Insbesondere das Leben in London ist sehr kostspielig. Kulturell sind sich Großbritannien und Deutschland gar nicht so unähnlich, wie es der erste Blick vermuten lässt, sodass wenn der finanzielle Aspekt passt, die Eingewöhnung keine große Hürde darstellt
Quellen:
Arbeitsrechte.de
Averagesalarysurvey.com
Karriere.de
Numbeo.com
Studying-in-uk.org
Tuernerandco.de
ukgvs.com
Autorin: Jasmin Dahler