Als Entwicklungsingenieur bzw. Entwicklungsingenieurin beginnt jedes Projekt immer mit derselben Frage: Was ist die bestmögliche Lösung für das bestehende Problem? Die Antwort hierauf kann in der Neukonzeption, aber auch in der Optimierung von technischen Produkten und Verfahren liegen. Hiermit steht man im Gegensatz zum Fertigungsingenieur bzw. zur Fertigungsingenieurin – diese sind nämlich hauptsächlich für die Umsetzung theoretischer Entwürfe verantwortlich.
Weitere übliche Berufsbezeichnungen sind je nach Aufgabengebiet auch Forschungsingenieur, Ingenieur Forschung & Entwicklung, Testingenieur oder Versuchsingenieur bzw. -ingenieurin.
Die exakten Verantwortlichkeiten einer Entwicklungsingenieurin variieren in Abhängigkeit von der jeweiligen Branche sowie von der Größe und der Beschaffenheit eines einzelnen Projektes. Im Zentrum steht aber stets die Neu- und Weiterentwicklung von technischen Maschinen, Anlagen, Systemen oder Instrumenten.
Zu Beginn analysiert eine Entwicklungsingenieurin die Problemlage und den aktuellen Bedarf, um hieraus erste Lösungsmöglichkeiten zu entwerfen. Dies kann am Computer oder auch mittels technischer Zeichnungen geschehen. Gleichzeitig wählen sie Werkstoffe und Materialien aus oder fertigen Komponenten, Modelle und Prototypen. Auch die Entwicklung von speziellen Werkzeugen oder Algorithmen kann manchmal erforderlich sein. Wenn ein bestehendes Produkt verbessert werden muss, stehen umfangreiche Testungs- und Messungsaufgaben auf dem Plan. Dies geschieht auch, wenn überprüft werden soll, inwiefern eine Lösung technisch oder wirtschaftlich realisierbar ist – neben dem mechanischen muss ein Entwicklungsingenieur also auch immerzu den ökonomischen Aspekt im Auge behalten.
Alle Konzeptions-, Analyse- und Auswertungsschritte werden lückenlos dokumentiert, was auch mit einem beträchtlichen administrativen Aufwand verbunden ist. Da bei jedem Projekt eine große Anzahl an Personen involviert ist, sind auch Projektplanung und -koordination sowie Aufgabendelegation mitunter Teil des Verantwortungsbereiches einer Entwicklungsingenieurin. Insbesondere wenn individuelle Beratungs- oder Problemlösungsaufträge anstehen, wird in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden gearbeitet. Ein direkter Kontakt mit anderen Abteilungen (z. B. Produktion, Lieferung oder Fertigung) ist für den Erfolg eines Projektes in jedem Falle zwingend.
Während eine Entwicklungsingenieurin in Bezug auf mögliche Themengebiete oftmals breit aufgestellt ist, besteht aber auch die Möglichkeit einer Spezialisierung auf einen Sachbereich, beispielsweise auf die Optimierung aerodynamischer Systeme im Luftverkehr oder die Entwicklung von Antrieben für die Raumfahrttechnik.
Entwicklungsingenieure werden in jeder Wirtschaftsbranche benötigt, in der ein technischer Kontext besteht. Hierzu gehören beispielsweise:
Hierbei ist ein Entwicklungsingenieur in der Forschungs- oder Entwicklungsabteilung seines Unternehmens beschäftigt, manchmal auch in der Fertigung oder Montage.
Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit einer Anstellung in wissenschaftlichen Einrichtungen, also in Universitäten, Fachhochschulen oder Forschungsinstituten.
Da die Berufsbezeichnung der Ingenieurin gesetzlich geschützt ist, muss ein ingenieurwissenschaftliches Studium erfolgreich abgeschlossen werden. Häufig geschieht diese Spezialisierung erst im Master, als Grundlage kann dann ein Bachelorstudium in Maschinenbau oder Elektrotechnik dienen, seltener auch in Werkstofftechnik, Produktionstechnik oder Mechatronik. Je nach späterer Branche können jedoch viele weitere Studiengänge zur Entwicklungsingenieurin befähigen, z. B.:
Bis zum Master vergehen in der Regelstudienzeit zwischen fünf und sechs Jahre, dies beinhaltet meist bereits einzelne Praxissemester.
Doch eines sollten angehende Entwicklungsingenieurinnen stets im Hinterkopf behalten: Während die Grundlagen im Studium gelegt werden, eignet man sich einen großen Teil seines Fachwissens erst im späteren Beruf an. Da man häufig von Thema zu Thema springt und kontinuierlich auf neue Innovationen reagieren muss, kann man das eigene Wissen mit jedem Projekt erweitern – dies bedeutet aber gleichzeitig auch: Die Bereitschaft zum stetigen Weiterlernen ist eine Grundvoraussetzung für jede Entwicklungsingenieurin.
Ein Entwicklungsingenieur ist selten auf einen einzelnen Themenbereich festgelegt: Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind deswegen unabdingbar. Nur wer es vermag, mit Leichtigkeit zwischen diversen Feldern zu wechseln und sich schnell in neue Sachgebiete einzuarbeiten, kann als Entwicklungsingenieur bestehen. Hierzu muss auf umfangreiches Grundlagenwissen zurückgegriffen werden, weswegen neben breitem technischem Know-how auch starkes Zahlen- und Methodenverständnis vorausgesetzt werden. Neben seiner theoretischen Vorbildung sollte ein Entwicklungsingenieur jedoch auch praktisch orientiert sein und eine hohe Problemlösekompetenz besitzen. Weiterhin sollte ein ausgeprägtes Kostenbewusstsein vorhanden sein. Häufig ist die Unterstützung durch computergestützte Systeme unerlässlich, sodass Vertrautheit mit der relevanten Softwarebasis hilfreich ist.
Besonders in höheren Positionen, wenn man in den gesamten Entwicklungsprozess involviert ist oder diesen gar leitet, sind planerische und strategische Fähigkeiten notwendig – organisiertes und selbstständiges Arbeiten ist ohnehin selbstverständlich. Hierbei sind Präzision und Detailverliebtheit, aber gleichzeitig auch Kreativität und Innovation gefragt. Obwohl oft das Klischee vom stumm für sich handelnden Forscher und Entwickler besteht, kann ein Projekt heute nur noch von einem vielköpfigen Team bewältigt werden – daher muss ein Entwicklungsingenieur große Kommunikationsstärke und ggf. Führungsqualitäten mitbringen. Hierzu gehören auch die Offenheit zur internationalen und interdisziplinären Zusammenarbeit sowie natürlich gute Englischkenntnisse. Außerdem sollte sich ein Entwicklungsingenieur darauf einstellen, dass in manchen Branchen regelmäßige Dienstreisen ins In- und Ausland zum Arbeitsalltag gehören können, weswegen eine gewisse Reisebereitschaft vonnöten ist.