Der Nachlasspfleger beziehungsweise die Nachlasspflegerin wird aktiv, wenn insbesondere wohlhabende alleinstehende Menschen sterben, die kein Testament hinterlassen haben. Deren sogenannter Nachlass wird durch den Nachlasspfleger beziehungsweise die Nachlasspflegerin verwaltet, indem diese jegliche Wertgegenstände des verstorbenen Menschen feststellen und dessen gesetzliche Erben ermitteln.
Dabei unterscheidet sich das Berufsbild des Nachlasspflegers von dem Nachlassverwalter, welcher ebenfalls durch das zuständige Nachlassgericht auf Antrag bestellt wird, sich jedoch vorrangig um die Befriedigung berechtigter Interessen von den Gläubigern eines Nachlassvermögens kümmert.
Der Nachlasspfleger wird bei dem Sterbefall einer wohlhabenden Person durch das zuständige Nachlassgericht beauftragt. Diese Person war in der Regel alleinstehend, das heißt, sie besaß keine unmittelbaren Lebenspartner oder stand in keinem regelmäßigen Kontakt zu sonstiger Verwandtschaft. Aufgabe des Nachlasspflegers ist es deshalb möglich verbliebene Erben ausfindig zu machen.
Zunächst macht sich der Nachlasspfleger auf die Suche nach einem eventuell hinterlassenen Testament. Hierfür begibt er sich in die Lebensunterkunft des Verstorbenen: Er durchsucht etwa Wohnungen, Häuser oder aber sonstige Einrichtungen wie beispielsweise Pflegeheime nach dem versteckten Schriftstück. Auch bei Banken oder anderen Schließfächern erkundigt sich der Nachlasspfleger nach möglichen Hinterlassenschaften. Er stellt somit zeitgleich fest, wie viel Geld sich auf solchen Konten befindet und dokumentiert sämtliche Wertgegenstände. Dies geschieht durch die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses.
Anschließend begibt sich der Nachlasspfleger auf die Suche nach möglichen Erben des Nachlasses. Er kontaktiert hierfür Standesämter und Meldeämter, konsultiert Archive und Kirchenbücher und geht Hinweisen auf noch lebende Verwandtschaft nach. Manchmal führt ihn diese Suche auch ins Ausland. Damit ist die Recherche ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsalltages des Nachlasspflegers.
Konnte der Nachlasspfleger Erben ausfindig machen, so regelt er die Verteilung des Nachlasses. Er erstellt die Erbschaftssteuererklärung und meldet die Rechnungslegung an das Nachlassgericht zurück. Schließlich beaufsichtigt er die Zahlung der Erbschaftssteuer aus dem verbliebenen Nachlass. In besonderen Fällen begleicht der Nachlasspfleger auch übrig gebliebene Schulden des Verstorbenen oder treibt eventuelle Forderungen ein.
Sind keine Erben auffindbar, greift das gesetzliche Erbrecht des Staates nach § 1936 BGB, sodass der Nachlass dem Finanzamt zufließt. Demzufolge fallen sämtliche Wertgegenstände an das Land, in welchem der Verstorbene zuletzt seinen gewöhnlichen Lebenssitz hatte.
Die Nachlasspflegerin wird vom Nachlassgericht beauftragt. So ist sie entweder bei diesem direkt angestellt oder arbeitet als Angestellte oder Selbstständige in einer Kanzlei.
Nachlasspflegerinnen sind viel unterwegs, sie durchsuchen Wohnungen und machen Erben unter Umständen auch im Ausland ausfindig. Somit ist ihr Arbeitsort äußerst abwechslungsreich.
Um als Nachlasspflegerin aktiv zu werden, wird in der Regel der vom Berufsverband Bund Deutscher Nachlasspfleger (BDN) konzipierte Ausbildungsgang zum Nachlasspfleger besucht. Die BDN-eigene Nachlass-Akademie bietet zudem Fachlehrgänge zum Zertifizierten Nachlasspfleger an, welcher auch Quereinsteigerinnen offensteht. So lassen sich häufig auch Sozialpädagoginnen, Altenpflegerinnen, Betriebswirtinnen oder Bankkaufleute zur Nachlasspflegerin fortbilden. Für eine solche Fortbildung sind fachliche Kenntnisse im Erbrecht von wesentlichem Vorteil. Da das Nachlassgericht die Nachlasspflegerin beruft, ist der Nachweis über den Besuch solch qualifizierender Lehrgänge oftmals Kriterium zur Berufsausübung.
Nachlasspflegerinnen arbeiten gelegentlich bei den Nachlassgerichten im Sinne des Angestelltenverhältnisses. Jedoch ist die Tätigkeit auch als Selbstständige möglich. So sind Nachlasspflegerin in der Praxis häufig Juristinnen oder Steuerberaterinnen und führen eigene Kanzleien oder sind in solchen als Angestellte beschäftigt.
Die Tätigkeiten des Nachlasspflegers erfordern vor allem ein gutes detektivisches Gespür, nicht nur bei der Suche eines möglicherweise versteckten Testamentes, sondern vor allem hinsichtlich der meist schwierigen Erbenermittlung. So braucht es ebenfalls organisatorisches Talent und komplexes Denken, um Verwandtschaftsverhältnisse aufzuklären, Kontaktdaten zu beschaffen und verschiedenen Spuren) nachzugehen.
Kenntnisse in der Immobilien- und Vermögensverwaltung helfen dem Nachlasspfleger insbesondere bei der Feststellung der hinterlassenen Wertgegenstände. So agiert er als Gutachter von Immobilien und sonstigen Wertanlagen und dokumentiert jegliche Vermögensgegenstände. Dafür sind auch Fähigkeiten des Dokumentierens und fachgerechten Bewertens essenzieller Bestandteil des Persönlichkeitsprofils von Nachlasspflegern. Von Vorteil ist ebenfalls juristisches Wissen, so kennt sich der Nachlasspfleger mit rechtlichen Grundlagen aus und wahrt diese etwa bei der Erstellung der Erbschaftssteuererklärung oder Rechnungslegung an das Nachlassgericht. Ebenso ist historisches Wissen hilfreich, um während der Erbenermittlung mögliche Gegebenheiten einer Region und somit etwaige Fluchtbewegungen, Zuzugs- oder Wegzugswellen der dort (einst) lebenden Menschen berücksichtigen zu können.
Psychologisches Einfühlvermögen ist nicht nur für die Mitteilung der Nachricht über den unvorhergesehenen Tod eines Familienangehörigen von Bedeutung, sondern auch hinsichtlich der vorzunehmenden Nachlassverteilung unter den oftmals streitenden Hinterbliebenen. Damit einher geht auch eine gewisse Belastbarkeit, vor allem wenn es um das Durchsuchen der Wohnung oder des Hauses des Verstorbenen geht.
Weiterhin profitiert der Nachlasspfleger von seinem Interesse an Ahnenforschung sowie Erfahrung in der Arbeit mit Archiven. Außerdem sind Fremdensprachenkenntnisse von Vorteil, so kann die Erbensuche den Nachlasspfleger auch ins Ausland führen.