Bei der Ausführung eines Bauprojekts ist der Oberbauleiter oder die Oberbauleiterin die führende und vermittelnde Instanz zwischen dem Auftraggeber oder der Auftraggeberin und den Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen. Neben der Koordination und Überwachung der ordnungsgemäßen Ausführung zählen zu seinen oder ihren Aufgaben daher auch die Kommunikation und Dokumentation des Bauprozesses. Der Oberbauleiter bzw. die Oberbauleiterin leitet ein Team aus Bauingenieuren und Bauleiterinnen.
Es handelt sich bei der Position nicht etwa um einen Ausbildungsberuf, sondern um eine Position, auf die man berufen wird. Dem voraus gehen eine abgeschlossene Berufsausbildung mit entsprechender Weiterbildung oder ein Studium im Baugewerbe bzw. Handwerk.
Verwandte Berufe sind Bauleiter, Bauingenieurin und Architekt.
Als Projektleiterin trägt die Oberbauleiterin die Verantwortung für die Kontrolle, Überwachung und Koordination einer oder mehrerer Baustellen. Eingesetzt werden Oberbauleiterinnen sowohl im Hochbau, beispielsweise für Bautätigkeiten im Wohnhausbau, als auch im Tiefbau, etwa beim Bau von Straßen. Die Oberbauleiterin arbeitet eng mit der Gesamtleitung der Projektentwicklung zusammen und ist in nahezu allen Bereichen bei der Planung eines Bauprojektes eingebunden.
Zu ihren Aufgaben gehören die Beobachtung der Einhaltung von sicherheitsrelevanten Aspekten, die Materialbeschaffung und Personalakquise, die Erstellung eines Bauzeitplans und die Überwachung der qualitativen und termingerechten Umsetzung des Bauvorhabens. Auch die laufende Kostenkalkulation sowie die Einholung und die Erteilung von Kostenvoranschlägen fallen in diesem Zuge in den Aufgabenbereich der Oberbauleiterin. Neben der Projektentwicklung kann die Oberbauleiterin auch mit einer strategischen Weiterentwicklung des Ingenieurbaus beauftragt werden.
Sie koordiniert das Bauabwicklungsteam und ist für die Berichterstattung an die Gesamtleitung der Projektentwicklung verantwortlich. Sie ist für die Mitarbeiterinnen außerdem Ansprechpartnerin in allen fachlichen Angelegenheiten. Darüber hinaus vertritt sie die Erwerberinnen gegenüber Behörden und ausführenden Unternehmen und befasst sich mit der Beratung und Betreuung von Kundinnen. Sie übernimmt neben der Leitung und Planung eines Bauvorhabens außerdem auch praktische Arbeit auf der Baustelle.
Weitere Aufgaben ergeben sich aus der Landesbauordnung: Die Oberbauleiterin achtet auf die ordnungsgemäße Ausführung, also die Erfüllung der öffentlichen und rechtlichen Anforderungen, und verantwortet die personellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Belange des Baugeschehens. Sie haftet gegenüber der Aufsichtsbehörde, der Berufsgenossenschaft, der Auftraggeberin und gegenüber Dritten. Dementsprechend gehören zu ihren Aufgaben beispielsweise auch die Führung eines Bautagebuchs zur Dokumentation von Mängeln und die Koordination von behördlichen Abnahmen.
Oberbauleiterinnen erwartet eine abwechslungsreiche Arbeit zu der sowohl die Organisation als auch die Kontrolle eines Bauvorhabens zählt. Neben eher theoretisch ausgelegter Büroarbeit ist so auch die Praxis fester Bestandteil ihres Berufsalltags.
Eingesetzt werden Oberbauleiterinnen in Bauunternehmen, bei Versorgungs- und Installationsfirmen, in Architektur- und Ingenieurbüros für bautechnische Gesamtplanung, bei Bauträgern und bei Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus.
Außerdem sind private, weltweit operierende Firmen mögliche Arbeitgeberinnen, was auch einen Einsatz im Ausland möglich macht.
Ein Oberbauleiter ist zunächst ein Bauingenieur, Baumeister oder Architekt. Um vom Bauherrn als Oberbauleiter beauftragt zu werden, sind Erfahrung und Sachkunde als Projektleiter gemäß § 56 Absatz 2 der Musterbauordnung (MBO) notwendig. Zusätzlich wird in der Regel Sicherheit im Umgang mit MS Office-Programmen vorausgesetzt.
Erreicht werden die Kompetenzen als Projektleiter durch ein abgeschlossenes Studium des Bauingenieurwesens oder der Architektur oder durch eine Ausbildung und berufliche Weiterbildung im Baugewerbe bzw. Handwerk in der Baubranche. Im Falle eines Studiums empfiehlt sich die Wahl einer Fachhochschule, da diese einen höheren Praxisbezug als eine Universität bietet. Eine Weiterbildung zum Bauleiter sollte absolviert werden, um für die spezifischen Anforderungen des Berufs ausgebildet zu werden.
Der Weg zum Oberbauleiter ist also kein einfacher Ausbildungsberuf, sondern eine Berufung, die in der Praxis häufig eher von der Berufserfahrung als der Weiterbildung abhängig gemacht wird. Der Berufung zum Oberbauleiter gehen daher in der Regel circa zehn Jahre Berufserfahrung in der Bauleitung voraus.
Neben den fachlichen Vorkenntnissen sind für die Führungsposition des Oberbauleiters auch bestimmte persönliche Kompetenzen relevant.
Neben unternehmerischem Denken ist eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit Voraussetzung für den Beruf. Auch räumliches Denken sollte ein angehender Oberbauleiter sehr gut beherrschen. Daneben sollte er eine hohe Belastbarkeit unter Beweis stellen können, da beispielsweise zeitlich straffe Umsetzungen gefordert werden und gefahrenträchtige Arbeiten manchmal ungewöhnliche Arbeitszeiten verlangen, wie etwa im Falle nächtlicher Gebäudeabrisse.
Für die leitende Funktion des Oberbauleiters sind Führungskompetenzen unverzichtbar: Eine entsprechende Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie Sozialkompetenz und eine engagierte und motivierte Arbeitsweise sind nötig. Darüber hinaus sollte der Oberbauleiter entscheidungsstark und verantwortungsbewusst handeln sowie strukturiert und lösungsorientiert arbeiten.