Die Vermittlung von Wissen und die Vorbereitung der Schüler und Schülerinnen auf das zukünftige Leben sind die Aufgaben einer jeden Lehrkraft. Doch der Beruf des Waldorflehrers bzw. der Waldorflehrerin weicht aufgrund der besonderen Schulform der Waldorfschule in einigen Punkten davon ab. Die Schüler und Schülerinnen arbeiten in einer Atmosphäre, in der sie bis zur Oberstufe zwar ein ausführliches Berichtzeugnis erhalten, allerdings frei von Noten bewertet werden. Zusätzlich herrscht kein Versetzungsdruck und die Kreativität der jungen Menschen kann dementsprechend gefördert werden. Zusammen mit den Schülerinnen und Schülern wird der Unterricht aktiv gestaltet und auch dem Lehrplan wird sich kreativ genähert. Die Kinder setzen sich mit den Lehrkräften ihre eigenen Lernziele, sodass möglichst individuell auf ihre Entwicklungsstufe eingegangen werden kann.
Benannt nach dem Begründer der Anthroposophie spricht man bei Waldorfschulen auch von Rudolf-Steiner-Schulen.
Lehrerinnen an Waldorfschulen unterrichten als Klassenlehrerin den sogenannten Hauptunterricht wie Mathematik, Deutsch, Geschichte, Chemie oder Physik oder spezialisieren sich als Fachlehrerin auf ein Fach wie Musik, Gartenbau, Eurythmie (Bewegungskunst), Sport oder Werken.
Die Aufgaben einer Waldorflehrerin fangen nicht erst im Klassenzimmer an: Bereits vor dem Unterricht müssen die Stunden vorbereitet und Materialien schülergerecht erstellt bzw. beschafft werden. Der Tag an der Waldorfschule selbst beginnt oft mit dem zweistündigen Hauptunterricht, darauf folgt der meist praktische und kreative Fachunterricht. Der Hauptunterricht ist in Blöcke, sogenannte Epochen von jeweils zwei bis vier Wochen, aufgeteilt. Da ein Fach während dieser Periode besonders intensiv unterrichtet wird, beeinflusst dies stark die jeweilige Vor- und Nachbereitung der Lehrerin.
Während des Unterrichts trägt die Waldorflehrerin die Sachverhalte frei vor, leitet die Schülerinnen an und zeigt Lösungswege auf. Da der Unterricht an Waldorfschulen außerdem oftmals stärker praktisch orientiert ist als an einer staatlichen Schule, gehören auch Experimente zum Alltag.
Des Weiteren konzipiert die Lehrerin Tests und Klassenarbeiten, um den individuellen Lernerfolg jeder Schülerin zu prüfen, kontrolliert die Hausaufgaben und schreibt Beurteilungen für Zeugnisse.
Die Pädagogik an Waldorfschulen ist stark von den anthroposophischen Grundvorstellungen Rudolf Steiners beeinflusst. Individuelle Stärken, Emotionen und Gedanken jedes Kindes sollen in die Unterrichtsgestaltung mit einfließen. Die Waldorflehrerin soll die Entwicklung der Klasse durch kreative Methoden individuell unterstützen und Stärken fördern. Darüber hinaus betreut sie zusätzliche Aktivitäten wie Chor, Orchester oder Theater und ist stets Ansprechpartnerin für Kinder und Eltern.
Wahldorflehrerinnen arbeiten grundsätzlich an Waldorfschulen und können sich sowohl als Klassen- als auch als Fachlehrerinnen anstellen lassen. Da die Waldorfschule den Status einer Privatschule hat, sind Waldorflehrerinnen im Gegensatz zu vielen Lehrerinnen an staatlichen Schulen nicht verbeamtet.
Um als Waldorflehrer arbeiten zu dürfen, wird ein Studium der Waldorfpädagogik an einer Hochschule oder eine abgeschlossene Aus- bzw. Weiterbildung an einer Waldorfschule vorausgesetzt.
Der Studiengang ist jedoch oftmals mit höheren Studiengebühren verbunden und ein Master nur nach mehrjähriger Berufserfahrung möglich. Doch auch ein Quereinstieg ist eine Option: Voraussetzung sind hier in der Regel das Abitur sowie eine Ausbildung in mindestens einem relevanten Schulfach. Sinnvoll ist hier der Besuch eines Seminars für Waldorfpädagogik, ein sogenanntes Waldorfseminar, bei dem der Teilnehmer mit den Methoden der Waldorfpädagogik vertraut gemacht wird und nach erfolgreichem Abschluss befugt ist, als Waldorflehrer zu arbeiten.
Gemäß der Schulgesetze der Länder benötigt ein Waldorflehrer zusätzlich eine Unterrichtsgenehmigung der zuständigen Kultusbehörde, sowie die eventuelle Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses.
Die Aufstiegsmöglichkeiten für einen Waldorflehrer sind gering, da eine Waldorfschule keine Schulleitung im Sinne eines Direktors oder einer Direktorin hat, sondern von Mitgliedern des Elternbeirates und externer Anteilseigner verwaltet wird. Da die Waldorfschule jedoch nach dem Prinzip der Selbstverwaltung organisiert ist, übernimmt auch der Lehrer neben der Lehrtätigkeit administrative Aufgaben in der Schulleitung oder -verwaltung.
Möglich wäre jedoch ein weiterführendes Lehramt-Studium der Sekundarstufe I oder II, wodurch die Lehrkraft berechtigt ist, auch an staatlichen Schulen zu lehren.
Ein Waldorflehrer sollte kreativ und offen für Neues sein. Die Freude an der Erziehung und dem Umgang mit Kindern ist Grundvoraussetzung. Auch in anstrengenden Situationen sollte ein Waldorflehrer Geduld und Fairness beweisen und ein offenes Ohr für die Probleme der Schüler haben. Da an Waldorfschulen nach der anthroposophischen Grundvorstellung unterrichtet wird, sollte ein Waldorflehrer ebenfalls eine Überzeugung für die Ansätze Rudolf Steiners mitbringen.