Angesichts hoher Scheidungs- und Trennungsraten kommt einer Paartherapie immer größere Bedeutung zu: Wenn eine Partnerschaft zu scheitern droht, stellt professionelle Hilfe oftmals die letzte Möglichkeit dar, um zwischenmenschliche Probleme und Spannungen aus der Welt zu schaffen. Mithilfe einer kompetenten Beratung durch einen Paartherapeuten oder eine Paartherapeutin kann Paaren dabei geholfen werden, die Ursachen für Störungen innerhalb einer Partnerschaft zu identifizieren, ein Verständnis für die Perspektive des Gegenübers zu entwickeln sowie gemeinschaftlich Lösungsansätze für Problemquellen zu entwickeln.
Alternativ zur Berufsbezeichnung des Paartherapeuten bzw. der Paartherapeutin wird im allgemeinen Sprachgebrauch häufig auch von einem Eheberater bzw. einer Eheberaterin gesprochen. Eine psychologisch fundierte Paartherapie kann sich jedoch in einzelnen Fällen von einer bloßen Eheberatung bei etwa einer Beratungsstelle darin unterscheiden, dass sie existierende Konflikte längerfristiger und methodisch tiefgründiger behandelt.
Es gibt eine starke Verwandtschaft oder gar teilweise Überschneidung mit dem Arbeitsfeld der Familientherapie, weswegen bestimmte Aufgaben der Paarberatung eventuell auch von einem Familientherapeuten bzw. einer Familientherapeutin übernommen werden können.
Hauptziel einer Paartherapie ist es, durch Gespräche die Gründe für schwerwiegende Probleme innerhalb einer Partnerschaft zu erkennen und anschließend mithilfe von systematischen Interventionstechniken und -plänen eine dauerhafte Auflösung dieser Probleme zu erreichen. Hierbei werden auch grundlegende Beziehungskompetenzen vermittelt.
Zu Beginn steht üblicherweise eine Anamnese, d. h. die Erfassung der Ausgangssituation bzw. der Vorgeschichte anhand von fachlich fundierten Kriterien. Diese kann sich auch auf die gesamte Biografie beider Partner erstrecken. Hierzu werden, wenn nötig, Verfahren der psychologischen Diagnostik eingesetzt.
Die paartherapeutische Kernarbeit variiert von Fall zu Fall und ist zusätzlich abhängig vom individuellen Behandlungsansatz einer Paartherapeutin. Analog zur Psychotherapie existieren diverse theoretische Schulen: Besonders relevant sind die Verhaltenstherapie, die Systemische Therapie sowie die Psychodynamische Therapie. Erstere geht von einem lernpsychologisch orientierten Reiz-Reaktions-Modell aus und legt besonderen Fokus auf die Ausführung konkret umsetzbarer Verhaltensziele, während die Systemische Therapie das Geflecht sämtlicher sozialer Beziehungen als Umweltkontext ins Zentrum ihrer Bemühungen legt. Die Psychodynamische Therapie hingegen hat ihren Ursprung in der Psychoanalyse (z. B. nach Freud) und untersucht das Wirken innerseelischer, häufig unbewusster Kräfte; es handelt sich hier also um ein tiefenpsychologisches Verfahren.
Neben klassischer Gesprächsarbeit können auch Rollenspiele oder Kommunikationstraining eingesetzt werden. Während der Großteil der Paarberatung in Anwesenheit beider Partner stattfindet, kann sie in manchen Fällen auch aus einzelnen individualpsychologischen Sitzungen bestehen, bei der isoliert mit nur einem Klienten oder einer Klientin gearbeitet wird. Häufig ist es erforderlich, die gesamte familiäre Situation des Paares zu betrachten, weswegen dann ganzheitliche Lösungen erarbeitet werden müssen; dies kann z. T. durch den Miteinbezug von anderen Familienmitgliedern, z. B. Kindern, erreicht werden, wobei die Grenze zur Familientherapie hier fließend ist. Ebenso sind oftmals religiöse, soziokulturelle, medizinische oder juristische Faktoren relevant, weshalb ggf. Kontakt zu anderen Fachkräften aufgenommen werden muss. In vielen Fällen sind auch Aspekte der Sexualberatung ein wichtiger Bestandteil der Arbeit einer Paartherapeutin.
Während des gesamten Therapieprozesses findet seitens der Paartherapeutin eine fortwährende Evaluation, also eine bewertende Analyse, aller Sitzungen statt. Dies ist auch mit beträchtlicher Büro- bzw. EDV-Arbeit verbunden, da eine sorgfältige und korrekte Dokumentation von großer Bedeutsamkeit ist. Abschließend wird zumeist ein finales Follow-up-Gespräch realisiert, bei der die Ergebnisse der Paartherapie mit beiden Partnern reflektiert werden.
Paartherapeuten sind in verschiedenen Institutionen des Gesundheits- und Sozialwesens angestellt. Hierzu gehören Familien-, Jugend-, Erziehungs- oder Eheberatungsstellen, aber auch Kliniken, Krankenhäuser oder andere psychologische Einrichtungen. Mögliche Arbeitsgeber können hierbei ebenso Kirchen oder Wohlfahrtsverbände sein. Häufig entschließen sich Paartherapeuten zu einer selbstständigen Tätigkeit in einer eigenen Praxis – dies ist mit größerer Eigenständigkeit und zeitlicher Flexibilität, aber auch mit höherem organisatorischem und bürokratischem Aufwand verbunden, weswegen hierfür grundlegende kaufmännische Kenntnisse vonnöten sein können.
Der Begriff des Paartherapeuten ist in Deutschland gesetzlich nicht geschützt – Grundlage für eine berufliche Tätigkeit auf diesem Gebiet stellt dennoch eine spezialisierte Weiterbildung dar, welche von verschiedenen Ausbildungsstätten wie Universitäten, Fachhochschulen oder psychologischen Instituten angeboten wird. Bis man sich schließlich Paartherapeut nennen kann, vergehen in der Regel ein bis drei Jahre. Als Basis dient ein vorheriger Studienabschluss in Psychologie, Pädagogik, Sozialwissenschaften oder Sozialer Arbeit. Somit wird der Beruf des Paartherapeuten zumeist von Psychotherapeuten, Psychiatern, Sozialpädagogen, Sozialarbeitern oder Seelsorgern ausgeübt.
Gleichermaßen ist es wichtig, bezüglich der eigenen Behandlungsansätze und Behandlungsmethoden stets auf dem neuesten Stand der Forschung zu sein. Neben regelmäßiger Lektüre von Fachliteratur und -zeitschriften besteht daher die Möglichkeit, durch weiterbildende Seminare und Lehrgänge das eigene Wissen zu aktualisieren oder zu vertiefen; mögliche Themen sind etwa Eherecht, Konflikttraining oder Kommunikationsberatung.
Damit auf die Bedürfnisse aller Beteiligten eingegangen werden kann, muss jede Paartherapeutin als wichtigste Grundeigenschaften ausgeprägtes Einfühlungsvermögen und große Menschenkenntnis mitbringen. Sie versucht, die Perspektiven beider Parteien einzunehmen, um sämtliche Konfliktfelder nachvollziehen zu können, und erarbeitet hiervon ausgehend mögliche Lösungsstrategien, weswegen auch analytische Fähigkeiten benötigt werden. Dabei ist es unbedingt notwendig, Neutralität wahren zu können, um das Entstehen einer Schulddynamik unterbinden und eine vermittelnde Funktion zwischen dem Paar einnehmen zu können. Zu diesem Zwecke sollte man als Paartherapeutin starke Kommunikations- und Mediationsfähigkeiten besitzen.
Neben der Aufrechterhaltung einer professionellen und objektiven Distanz ist es für das Gelingen einer Paartherapie in gleichem Maße wichtig, ein Vertrauensverhältnis zu beiden Partnern aufbauen zu können, wobei Diskretion als oberstes Gebot gilt. Aufgrund der Nähe zu den Klienten und Klientinnen bestehen enorme Anforderungen an die eigene psychische Belastbarkeit. Je nach Arbeitsfeld kann es in besonderen Krisenzeiten vorkommen, dass man als Paartherapeutin auch vereinzelte Abend- oder Wochenendtermine wahrnehmen muss.