Systemische Therapeuten und Therapeutinnen arbeiten im Bereich der freien Psychotherapie und zeichnen sich durch eine absolvierte Approbation-Ausbildung aus. Der Schwerpunkt ihres Therapieverfahrens liegt auf dem sozialen Kontext von Menschen mit psychischen Störungen. Systemische Therapeuten und Therapeutinnen arbeiten deshalb gemeinsam mit ihren Patienten und deren Familienmitgliedern, Freunden und sonstigen Personen des relevanten sozialen Umfelds zusammen.
Systemische Beraterinnen ähneln den systemischen Therapeuten stark, haben jedoch keine anerkannte Ausbildung absolviert. Somit kann sich theoretisch jeder als systemische Beraterin bezeichnen.
Ähnliche Berufe sind Kommunikationspsychologin, systemischer Coach, psychologische Beraterin, Psychologe, Familientherapeutin, Paartherapeut und Erziehungsberaterin.
Die systemische Therapeutin arbeitet mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zusammen, die an unterschiedlichen psychischen Störungen leiden. Dies können beispielsweise Drogenkonsumstörungen, Essstörungen, Störungen des Sozialverhaltens, Depressionen, psychosomatische Krankheiten oder Schizophrenie sein.
Die systemische Therapeutin beginnt ihre Arbeit meist in Einzelsitzungen mit ihrer Patientin. Sie stellt zunächst fest, welcher Therapiebedarf besteht. Hierfür stellt sie Fragen und sucht nach Ursachen der jeweiligen psychischen Störung. Sie analysiert das soziale Umfeld der Patientin und achtet insbesondere auf Beziehungsstrukturen von Familienmitgliedern und Freunden. Auch der Einfluss von Schule, Ausbildungsplatz oder Arbeitsplatz werden untersucht. Die systemische Therapeutin arbeitet mit ihrer Patientin die genauen Symptome der psychischen Störung heraus. Da jede Störung einen bestimmten Zweck im System erfüllt, versucht die Therapeutin, die Funktion der Symptome aufzudecken sowie Auslöser (Trigger) deutlich zu machen.
Gemeinsam erarbeiten Therapeutin und Patientin bessere und gesündere Verhaltensmuster, die die Patientin anwenden kann, wenn sie im sozialen System Auslöser für ihre psychische Störung bemerkt. Meistens sind dies Verhaltensweisen, die bisher nicht genutzt oder falsch eingesetzt worden sind, zum Beispiel Zuhören, Streit schlichten oder über Gefühle und Gedanken sprechen. Dafür werden Mitglieder des sozialen Systems zu Sitzungen eingeladen und in den Therapieverlauf miteingebunden. Die systemische Therapeutin achtet darauf, keine Schuldzuweisungen an Familie und Freunde zu artikulieren. Stattdessen versucht sie, ein konstruktives Miteinander zu konstruieren, das auch nach Therapieende fortbesteht.
Die systemische Therapeutin wendet verschiedene Therapieverfahren an, um Zusammenhänge im System der Patientin und alternative Verhaltensmuster sichtbar zu machen. Ein Beispiel sind zirkuläre Fragen, bei denen sie die Patientin nicht direkt über ihre Gefühle zu einer anderen Person befragt, sondern in die Sichtweise einer dritten Person versetzt. Andere Möglichkeiten bieten Reframing, bei welchem Sachverhalte von unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden, um Bedeutungs- und Interpretationsveränderungen anzuregen, sowie Skulptur, bei welcher Familienmitglieder durch die Patientin so im Raum positioniert werden, wie sie die Beziehung der Personen untereinander sieht.
Der systemische Therapeut kann sich entweder mit einer eigenen Praxis selbstständig machen oder er arbeitet als Angestellter in folgenden Bereichen:
Die systemische Therapie gilt in Deutschland seit 2008 als wissenschaftlich anerkanntes Psychotherapieverfahren. Seitdem sind staatlich anerkannte Approbation-Ausbildungen mit dem Vertiefungsgebiet Systemische Therapie zur Psychologischen Psychotherapeutin sowie zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin möglich. Diese werden von Instituten angeboten, die Mitglied der Deutschen Gesellschaft für systemische Therapie (DGSF) oder der Systemischen Gesellschaft (SG) sind.
Die Ausbildungen sind über das Psychotherapeutengesetz (PsychThG) geregelt, wonach insgesamt 4.200 Stunden Ausbildung durchlaufen werden. Es findet eine theoretische sowie praktische Ausbildung statt, daneben Selbsterfahrungsstunden und Supervisionsteilnahmen. Um die Ausbildung erfolgreich abzuschließen, muss am Ende eine staatliche Prüfung und die Approbation absolviert werden.
Die Zulassung zur Approbationsausbildung setzt in der Regel ein abgeschlossenes Studium im Bereich Psychologie vor. Seit der Umstellung der bisherigen Diplom-Studiengänge auf das Bachelor-Master-System ist strittig, ob auch ein sechssemestriger Bachelor-Abschluss in Pädagogik oder Sozialpädagogik für die Zulassung ausreichend ist oder ob ein vertiefender Masterabschluss in Psychologie nachgewiesen werden muss. Dies liegt an den im PsychThG definierten Zugangsvoraussetzungen für die Approbationsausbildung.
Systemische Therapeuten können gut zuhören und besitzen ein hohes Maß an Empathie und Einfühlvermögen. Sie können sich in Gedanken und Gefühle ihrer Patienten versetzen und nehmen deren Sorgen und Ängste ernst. Sie kommunizieren präzise und deeskalierend, sind geduldig und können mit Schwierigkeiten und Herausforderungen im Therapieverlauf umgehen.
Der systemische Therapeut besitzt eine scharfe Beobachtungsgabe, um insbesondere familiäre Strukturen und Einflüsse im sozialen System seines Patienten zu erkennen. Er hat ein gutes Gedächtnis und kann Zusammenhänge schnell erkennen. Außerdem bringt er psychische Belastbarkeit mit, die gerade bei der Behandlung schwerwiegender Störungen von Vorteil ist.