Nautische Offiziere bzw. Offizierinnen (kurz: NO) sind leitende Seeleute in der Handelsschifffahrt, Kreuzschifffahrt oder bei der Bundeswehr. Je nach Schiffsgröße handelt es sich bei ihnen um einen Ersten Offizier, eine Zweite Offizierin, einen Dritten Offizier oder aber eine Vierte Offizierin. Sie unterstützen den verantwortlichen Schiffsführer oder die Kapitänin an Bord, beispielsweise beim Navigationswachdienst sowie in Organisations-, Planungs- und Ausbildungsaufgaben.
Der nautische Offizier wird auch synonym Nautiker genannt, unterscheidet sich allerdings durch seine Funktion von diesem. Beim Nautiker handelt es sich nicht zwangsläufig um einen Schiffskommandanten, sondern kann vielmehr auch in Logistikunternehmen, Reedereien, Hafengesellschaften oder der Wirtschaftsberatung tätig werden.
Im Englischen ist die Berufsbezeichnung der nautischen Offizierin Deck Officer. Auf größeren Schiffen wird die nautische Offizierin häufig durch nautische Offiziersassistentinnen (NOA) oder technische Offizierinnen unterstützt, zum Beispiel leitende Ingenieurinnen. Die Nautik steht darüber hinaus in engem Zusammenhang mit dem Schiffsmaschinenbau und der Schiffstechnik.
Die Aufgaben der nautischen Offizierin konzentrieren sich im Wesentlichen auf Tätigkeiten an Bord von Handelsschiffen, Kreuzfahrtschiffen oder Schiffen der Bundeswehr.
Die nautische Offizierin ist vor allem für den reibungslosen Ablauf des Navigationsbetriebes zuständig und unterstützt die schiffsführende Kapitänin, indem sie den zivilen Seefunkverkehr überwacht. Dazu bestimmt sie den aktuellen Standort und die Geschwindigkeit sowie den Kurs, welche das Schiff ansteuert. Damit die Offizierin die Route ausreichend planen kann, berücksichtigt sie Wetterverhältnisse und geografische Bedingungen. Auch leitet sie den Navigationswachdienst auf der Brücke, welcher häufig im Schichtdienst verläuft. Sobald die nautische Offizierin Änderungen des Wetters oder sonstige unvorhergesehene Umstände bemerkt, meldet sie diese an die Kapitänin und bespricht gemeinsam mögliche Kursänderungen. Sämtliche Routen werden im Logbuch festgehalten.
Nicht nur in Sachen Routenplanung, sondern auch für den sonstigen Arbeitsbetrieb an Deck ist die Einhaltung allgemeiner Sicherheitsvorschriften von großer Wichtigkeit. Dies gewährleistet die nautische Offizierin, indem sie die Sicherheitseinrichtungen regelmäßig kontrolliert und instand hält. Darunter fallen beispielsweise Rettungsboote und Feuerschutzvorrichtungen, ebenso wie die Ausbildung der Rettungsbootmannschaften und die Unterstützung des Schiffshospitals bzw. des ärztlichen Personals. Dem restlichen Personal, zum Beispiel den Deckleuten, Küchenleuten und Serviceangestellten, steht die nautische Offizierin als Chefin vor.
Neben navigatorischen und unterstützenden Aufgaben auf dem Schiffsdeck ist die nautische Offizierin meist auch an der tatsächlichen Steuerung des Schiffes beteiligt. Als Erste Offizierin (NEO) kann sie als Stellvertretung der Kapitänin fungieren. Sie bereitet außerdem seemännische Manöver vor und führt diese durch. Bei der Bundeswehr können hierunter auch Manöver der taktischen Navigation fallen, wenn beispielsweise ein Abfangkurs für andere Schiffe eingeleitet wird. Hier kann die Offizierin unter Umständen zudem den Flugbetrieb der an Bord befindlichen Hubschrauber überwachen. Zudem obliegt ihr dort die Ausbildung von Soldatinnen in der Navigation.
Ein weiterer Aufgabenbereich betrifft die Überwachung und Durchführung des Be- und Entladens der unterschiedlichsten Güter. Dies ist insbesondere auf Handelsschiffen fester Bestandteil. Die nautische Offizierin hält sich bei all ihren Arbeiten an nationale sowie internationale Seeverkehrsvorschriften und Gesetze.
Der nautische Offizier kann auf den unterschiedlichsten Schiffen der nationalen und internationalen Seefahrt tätig werden. Folgende Bereiche bieten sich an:
Besonders stark vertreten sind nautische Offiziere bei der Marine der Bundeswehr. Dort befinden sie sich in der soldatischen Offizierslaufbahn und werden ähnlich wie Beamtete besoldet. Außerdem können nautische Offiziere auf Schiffen von Länder- und Bundesbehörden arbeiten, beispielsweise dem Gewässerschutz, Zoll, der Hafen- und Grenzüberwachung sowie Notfallsicherung.
Neben der Arbeit auf dem Schiff finden sie zudem gelegentlich Anstellung im Schiffsbau, in Reedereien, der Hafenwirtschaft oder aber Fischereibetrieben.
Für die Arbeit als nautische Offizierin wird in der Regel ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium der Nautik oder eine staatliche Weiterbildung zur Nautikerin vorausgesetzt.
Die Weiterbildung zur Nautikerin findet über einen Zeitraum von zwei Jahren an einer Fachschule statt. Voraussetzung für den Zugang zur Weiterbildung ist in der Regel eine abgeschlossene Ausbildung als Schiffsmechanikerin oder schiffsbetriebstechnische Assistentin in der Fachrichtung Nautik. Außerdem muss die Seediensttauglichkeit nachgewiesen werden. In Vollzeit werden dann verschiedene Kompetenzen und Kenntnisse gelehrt, zum Beispiel in den Bereichen Navigationsverfahren, Ortsbestimmung, Meteorologie, Manöverkunde, Ladungstechnik und Telekommunikation (Funkverkehr). Wer die staatliche Abschlussprüfung erfolgreich absolviert, erlangt gemäß der bundeseinheitlichen Seeleute-Befähigungsverordnung (See-BV) das Befähigungszeugnis Nautische Wachoffizierin (NWO). Nach einer Seefahrtzeit von 12 Monaten kann anschließend das Befähigungszeugnis Erste Offizierin (NEO) erworben werden.
Das Hochschulstudium der Nautik kann an öffentlichen Hochschulen absolviert werden. Dieses dauert in der Regel vier Jahre und vermittelt neben den oben genannten Kompetenzen insbesondere Grundlagen in Mathematik, Physik, Logistik, Mechanik und der Schiffstechnik sowie betriebswirtschaftliche Grundlagen. Als Zugangsvoraussetzung gilt gemeinhin die allgemeine Hochschulreife sowie das Zeugnis über die Seediensttauglichkeit. Abgeschlossen wird das Studium mit dem Bachelor of Science (B.Sc.). Bei der Bundeswehr findet das Studium ebenfalls an zivilen Hochschulen statt und wird zeitgleich mit dem Lehrgang zur Nautischen Wachoffizierin durchlaufen.
Nach weiteren 12 Monaten Seefahrtzeit kann die nautische Offizierin anschließend das Befähigungszeugnis Kapitänin (NK) anstreben.
Der nautische Offizier zeichnet sich durch seine Fachkompetenz aus, so besitzt er gute Mathematikkenntnisse, die ihm beispielsweise bei Ladetätigkeiten der Flächen-, Volumen- oder Schwerpunktbestimmung zugutekommen. Seine Physikkenntnisse verhelfen ihm unter anderem zur astronomischen und technischen Navigation. Er arbeitet sorgfältig und exakt, um genaue Standortbestimmungen und bestmögliche Routenplanungen vornehmen zu können.
Außerdem ist der nautische Offizier äußerst verantwortungs- und pflichtbewusst, denn seine Arbeit bezieht sich wesentlich auf die Prüfung und Instandhaltung der schiffseigenen Rettungseinrichtungen. Eine gute Kommunikationskompetenz und Durchsetzungsfähigkeit runden das Persönlichkeitsprofil weiterhin ab. Der nautische Offizier ist zudem teamfähig und flexibel, so kann er sich schnell auf neue Entwicklungen des Wetters oder geografischer Bedingungen einstellen. Dabei kommt ihm auch seine Führungskompetenz zugute. Stressresistenz und eine ausgezeichnete Fitness sind weitere körperliche Anforderungen an den nautischen Offizier.
Gute Englischkenntnisse sind unerlässlich, vor allem wenn der nautische Offizier in internationalen Gewässern zugegen ist. Dort hat er unterschiedliche rechtliche Vorschriften zu beachten oder in einer Notfall- oder Gefahrenlage auch mit ausländischen Behörden zu kooperieren.