Kinderdorfmütter und Kinderdorfväter, in der Mehrzahl Kinderdorfeltern genannt, übernehmen die Erziehung und gestalten das Familienleben der Kinder und Jugendlichen in einem SOS-Kinderdorf oder einer ähnlichen sozialen Einrichtung. Sie leben gemeinsam in einem Haus, koordinieren den Tagesablauf und sind enge Bezugspersonen der anwesenden Kinder. Dabei werden sie von Erziehenden und Hauswirtschaftskräften unterstützt.
Im Gegensatz zu einer Tagesmutter oder einem Tagesvater betreuen Kinderdorfeltern die Kinder rund um die Uhr. Sie leben in einem engen Familienverhältnis zusammen und erfüllen die Aufgaben, die die leiblichen Eltern nicht erfüllen können. Dabei steht jedoch im Mittelpunkt, dass die Eltern nicht ersetzt werden sollen. Der Kontakt mit den leiblichen Eltern wird aktiv gepflegt.
Weitere verwandte Berufe sind Erzieher, Kinderbetreuerin, sozialpädagogische Fachkraft, Pädagoge und Sozialarbeiterin. Auch mit der Erziehungsstelle gibt es Überschneidungen.
Das Aufgabenfeld von Kinderdorfmüttern ist vielfältig – sie sind sowohl Büroarbeiterinnen als auch Streitschlichterinnen. Sie leben mit mehreren Kindern in einem Familienhaus und übernehmen für sie die Rolle als Bezugsperson, aber auch als Erzieherin.
Der Alltag der pädagogischen Fachkräfte beginnt mit der Gestaltung eines geregelten Tagesablaufs. Sie bereiten Frühstück vor, machen die Kinder fertig für die Schule oder den Kindergarten und kümmern sich um den Haushalt. Sie kochen, machen Wäsche, putzen und kaufen ein. Am Nachmittag übernehmen sie die Hausaufgabenbetreuung und begleiten die Kinder zu ihrem Hobby. Sie spielen Gesellschaftsspiele, schlichten Streitigkeiten und stehen den Jugendlichen bei ihrem ersten Liebeskummer bei. Abends bereiten sie das Abendessen vor, sorgen dafür, dass alle Kinder zeitig ins Bett gehen und lesen ihnen Gutenachtgeschichten vor. Dabei werden sie tatkräftig von weiteren Mitarbeiterinnen der Einrichtung unterstützt.
Wenn die Kinder mal nicht betreut werden müssen, erledigen Kinderdorfmütter angefallene Büroarbeit. Sie organisieren und notieren Termine, beispielsweise mit dem Jugendamt, sprechen mit Ärztinnen und Lehrerinnen und führen Teambesprechungen mit allen Mitarbeiterinnen durch. Außerdem notieren sie Ausgaben und managen sonstige wirtschaftliche Aufgaben. Um sich stets weiterzuentwickeln, nehmen sie an Fortbildungen teil und haben in Supervisionen die Möglichkeit, ihre Arbeit zu reflektieren. Mit ihren Kolleginnen besprechen sie aktuelle Probleme und bestehende Konflikte der Kinder.
Kinderdorfväter arbeiten in Kinderdörfern oder anderen stationären Einrichtung, wie Erziehungs- oder Ferienheimen, die ein familiäres Konzept pflegen. Ihre Aufgaben führen sie nicht nur innerhalb der Einrichtung durch, sondern auch außerhalb, beispielsweise bei Ausflügen.
Um als Kinderdorfmutter zu arbeiten, benötigt man in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung bzw. Studium zur Sozialpädagogin oder Erzieherin. Quereinsteigerinnen sind aber auch willkommen. Wer keine dieser Ausbildungen hat, kann alternativ eine berufsbegleitende Ausbildung in einem Kinderdorf zur staatlich anerkannten Erzieherin machen. Dazu sollte mindestens ein mittlerer Schulabschluss vorliegen. Vor Beginn der Ausbildung müssen die Anwärterinnen einen Eignungstest durchlaufen, der aus mehreren Gesprächen, unter anderem mit Psychologinnen, sowie einem grafologischen Gutachten besteht, also einer Schriftanalyse. Letzteres gibt Psychologinnen erste Hinweise auf die Persönlichkeiten der Bewerberinnen.
Die Ausbildung im Kinderdorf dauert drei Jahre und bietet einen Mix aus Theorie- und Praxisinhalten. Während der theoretische Teil an einer Fachschule für Erzieher geschieht, sammeln Auszubildene in den Kinderdorffamilien Praxiserfahrung. Sollte bereits ein sozialpädagogischer Berufsabschluss vorliegen, kann der praktische Teil der Ausbildung um maximal zwei Jahre verkürzt werden. Während der gesamten Ausbildungszeit stehen den Auszubildenden Apartments zur Verfügung. Nach Abschluss der Ausbildung erfolgt die Übernahme in ein Angestelltenverhältnis.
Kinderdorfmütter haben die Möglichkeit, sich für ein Führungskräfteprogramm zu bewerben. Dies dauert zwei Jahre. Außerdem können sie eine Fortbildung zur Ernährungsberaterin machen oder andere administrative Aufgaben im Kinderdorf übernehmen.
Die Arbeit als Kinderdorfvater ist ein Vollzeitjob. Die Arbeit dreht sich rund um die Kinder und Jugendlichen des Dorfes, weshalb Kinderfreundlichkeit, soziale Kompetenz und Kommunikationsstärke wichtig sind. Gleichzeitig muss er die Bereitschaft mitbringen, in einem Kinderdorf leben zu wollen, sowie dies mit seiner privaten Situation als Ehemann oder Vater zu vereinbaren. Das Aufbauen längerfristiger emotionaler Beziehungen ist ebenfalls zentraler Bestandteil der Arbeit.
Die Arbeit in einem sozialen Beruf erfordert hohe körperliche und seelische Belastbarkeit sowie Geduld und Ruhe. Neben vielen schönen Momenten wird es auch Auseinandersetzungen mit den Kindern geben, weshalb die Erzieher mit hoher Professionalität auf Wut, Streit und Tränen reagieren müssen. Während all dem Trubel müssen sie organisiert, teamfähig und flexibel sein. Zuverlässigkeit, Beständigkeit und ein großes Einfühlungsvermögen sind weitere Eigenschaften, die sie haben sollten.
Da sich die Kinder in unterschiedlichen Altersklassen befinden, sind gute Kenntnisse in Schulfächern wie Mathematik oder Deutsch von Vorteil. Diese sind sowohl für die Hausaufgabenbetreuung als auch für den Hausarbeitsalltag der Väter wichtig. Zusätzlich sollten die Betreuer eine Leidenschaft für Musik und Kunst haben, damit sie mit den Kindern musizieren, basteln und malen können.
Ein wichtiger Punkt in der Arbeit als Kinderdorfvater ist das tägliche Zusammenleben. Privatsphäre ist nur bedingt möglich, da er sein Haus mit den Mitarbeitern teilt. Viele Kinderdörfer leben zudem nach christlicher Tradition. Das sollte der Kinderdorfvater mit sich vereinbaren können. Eine Kirchenmitgliedschaft ist nicht erforderlich.